piwik no script img

Kommentar Jamaika und KlimapolitikDas Paris-Abkommen zeigt Wirkung

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Auf der Klimakonferenz werden radikale Maßnahmen der Politik gefordert. Die Aussicht, als Versager dazustehen, erhöht den Druck auf Deutschland.

Es ist wunderschön: Kohlekraftwerk Mehrum in Niedersachsen Foto: dpa

E s ist ein merkwürdiges Schauspiel, das derzeit in Deutschland zu beobachten ist: Als Gastgeber der Weltklimakonferenz beschwört das Land in Bonn die Notwendigkeit schneller und radikaler Maßnahmen, um den gerade wieder vermeldeten Anstieg der CO2-Emissionen zu stoppen und den Klimawandel noch aufzuhalten. Doch zur exakt gleichen Zeit wehren sich Teile von Union und FDP (unterstützt von einigen Ministerpräsidenten der SPD) dagegen, ebensolche notwendigen Schritte in Deutschland einzuleiten.

Genau wie die internationale Kohlelobby hängen manche Konservative in Deutschland dem Irrglauben an, dass sich Kohle und Klimaschutz vereinbaren lassen. Doch auf Dauer wird sich dieser Spagat nicht aushalten lassen, dafür sind die Fakten zu klar. Ohne Ausstieg aus der Kohlenutzung – kurzfristig in den Industriestaaten und etwas später im Rest der Welt – werden die Paris-Ziele nicht einzuhalten sein. Und die Versorgungssicherheit ist durch den Ausstieg auch nicht gefährdet.

Das scheinen allmählich auch die schwarz-gelben Vertreter bei den Jamaika-Sondierungen zu merken: Auch Union und FDP räumen nun erstmals ein, dass kurzfristig Kohlekraftwerke stillgelegt werden müssen, um das deutsche Klimaziel für 2020 noch zu erreichen.

Über die Anzahl aber wird noch gestritten. Denn auch wenn sie das Ziel nun akzeptieren, wollen Union und FDP offenbar nicht wahrhaben, wie viel noch getan werden muss, um es zu erreichen: Sie definieren die bestehende Lücke einfach halb so groß, wie sie real nach aktuellen Prognosen ist. Das ist keine Kleinigkeit. Über den richtigen Weg kann in der Politik gestritten werden, doch die Fakten, die die Grundlage dafür bilden, müssen schon stimmen.

Schnelle Fortschritte in anderen Ländern

Doch auch hier gibt es die Hoffnung, dass sich die Politik am Ende der Realität beugen muss. Bei den nächsten Klimakonferenzen wäre es schließlich die Jamaika-Koalition, die das deutsche Versagen erklären müsste, wenn man sich jetzt aus politischem Opportunismus die Wirklichkeit schöner lügt, als sie ist.

Das Paris-Abkommen, von manchen als Papiertiger verspottet, zeigt hier durchaus Wirkung: Zwar sieht es keine Sanktionen gegen Staaten vor, die ihre Ziele nicht einhalten. Doch allein die Aussicht, vor der Weltgemeinschaft als Wortbrecher und Versager dazustehen, sorgt auf nationaler Ebene für Druck – der durch die schnellen Fortschritte in anderen Ländern weiter zunehmen dürfte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...nein, falsch. Das sog. Paris-Abkommen zeigt KEINE Wirkung, sonst hätten wir keinen CO2-Anstieg.

    CDU/CSU wollen weiter regieren, die FDP will wieder regieren. Um dieses Ziel zu erreichen, geht man auch schon mal eine kleinen Schritt auf die Grünen zu und verkauft das Ergebnis als tollen Kompromiss, mit dem jeder gut leben kann.

    Doch hör' ich Frau Merkel, dann wird das nichts, mit den deutschen Klimaschutzzielen.

  • Deutsche wacht auf!

    Der "Klimawandel" wird langsam von Deutschland alleine verfolgt. Amerika ist ausgestiegen, Australien hat seine CO2 Steuer geschrotet, in 62 Ländern werden ca.1600 Kohlekraftwerke gebaut, aber da ja der Deutsche klüger ist als alle anderen gehen wir die andere Richtung.

    Macht sich irgendwer Gedanken wie das zu Finanzieren ist. Kohle Ausstieg, Diesel weg-dafür E-Autos obwohl die Technik noch nicht soweit ist, woher kommt der Strom? woher kommt der Ausgleich zur Mineralölsteuer? Den unsäglichen EEG Wahnsinn seit 2000 bezahlen bis jetzt nur die Privathaushalte, subventionieren somit die Wirtschaft . Jetzt folgt noch ein Trassenbau wo keiner sagen kann wie teuer der wird. Von den folgen des EEG für die Natur wird, da man Fehler nicht gerne zugibt, geschwiegen. Eine Lüge wird auch nicht wahr, wenn man sie hundertmal wiederholt.

    • @Günter Witte:

      herr witte, wo kommen sie denn her gestiefelt? wenn sie hier in den taz-kommentaren gerne posten, macht es auch schon sinn, dass sie sich die artikel dieser zeitung erstmal alle durchlesen. gehen sie auf ´oekologie´ und lesen sie, was das zeug haelt. ansonsten fallen sie hier eher als [...] irrer durchs raster. nur als tip! man moechte doch zumindest ein bisschen ernst genommen werden, finden sie nicht auch?

       

      Kommentar bearbeitet. Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl.

      • @the real günni:

        Ist die taz jetzt Prawda? Sind hier die Wahrheiten und unumstößlichen Fakten dieser Welt gesammelt ? Ist freies Denken abgeschafft? Was ist an meinen Standpunkten irrtümlich? Sind wir jetzt in der Kirche, wo es nur eine Meinung gibt ?

        • @Günter Witte:

          sie treffen den nagel auf den kopf, herr witte: hier geht es um fakten, nicht meinungen.

          • @the real günni:

            Und nur in der TAZ stehen die Wahrheiten oder was ?

            Ich finde es überheblich das man sagt der Klimawandel ist so und damit Schluss mit der Diskussion. Für die Erdgeschichte sind die 170 Jahre wo Wetter aufgezeichnet werden ein Staubkorn, und daraus zu Argumentieren wie wir das Klima in irgendeine Richtung bewegen können , spricht für grenzenlose Weisheit oder Geschäftemacherei.

            • @Günter Witte:

              halten sie ein! sie machens immer schlimmer......schauder

        • 2G
          21272 (Profil gelöscht)
          @Günter Witte:

          Ihre Standpunkte sind nicht irrtuemlich, sondern ausgesprochen realistisch, danke fuer Ihren Kommentar. Beim Thema Klima hat die taz leider Scheuklappen und ist nicht bereit, ueber ihre vorgefasste Meinung auch nur nachzudenken.

          • @21272 (Profil gelöscht):

            da haben sich ja zwei gefunden!

  • 3G
    39167 (Profil gelöscht)

    Glauben Sie wirklich, dass den Politikern irgendetwas peinlich ist?

    Ich glaube dies nicht. Locken doch lukrative Jobs in dieser Branche nach Ende der Politikerkarriere.

    Es ist völlig Wurscht aus welcher Farbecke sie kommen.

    • @39167 (Profil gelöscht):

      ich waer mir da nicht so sicher. RWE hat heute an der boerse 5% verloren. RWE will zwar gern immer noch so tun, als ob es vorweg laeuft, weiss aber ganz genau dass es einmal schon ueberrundet worden ist. in der gleichen phase der leugnung befinden sich leider auch noch viele konservative politiker, die vielleicht aus scham ihre jahrelangen positionen nicht aufgeben koennen, obwohl selbst industrievertreter, ihre wichtigste klientel, diese position schon gar nicht mehr fordern

  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Es ist kein Irrglaube, dass sich Kohle und Klimaschutz vereinbaren lassen. Ein Irrglaube ist vielmehr die Annahme, das Klima mit CO2-Minderung beeinflussen zu koennen.

    • @21272 (Profil gelöscht):

      moechten sie nicht lieber ihren usernamen auf USER1386 aendern?

  • Wo oder worin zeigt sich denn die Wirkung? Welcher Parameter unserer Umwelt hat sich verbessert?

  • >(unterstützt von einigen Ministerpräsidenten der SPD)

     

    Und auch den Grünen, wenn sie grad mal an der Macht sind (siehe NRW)