: Steuerpolitik aus Not
Ausgerechnet Emmanuel Macron greift eine alte linke Idee auf und besteuert umsatzstarke Konzerne extra. Warum das eigentlich nichts bedeutet
Aus Paris Rudolf Balmer
Die umsatzstärksten französischen Konzerne sollen helfen, ein unerwartetes Loch im Staatshaushalt aufzufüllen. Dazu beschlossen die Abgeordneten der Nationalversammlung am Montagabend auf Wunsch der Regierung eine einmalige Sondersteuer. Zahlen sollen sie Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz.
Bisher hatte Präsident Emmanuel Macron bei seinen Finanz- und Wirtschaftsreformen eher einen rechten Kurs eingeschlagen. Nun überrascht es, dass er plötzlich einen alten Vorschlag der Linken aufgreift. Diese fordert seit je, dass Steuern dort kassiert werden müssten, wo das Geld reichlich vorhanden ist. Macrons Regierung hat sich allerdings nur aus einer finanziellen Notlage heraus zu diesem Schritt entschieden.
Das Verfassungsgericht hatte eine 2012 unter der Präsidentschaft von François Hollande beschlossene Dividendenabgabe nachträglich für unzulässig erklärt. Sie hatte eigentlich nur eine frühere ähnliche ersetzen sollen. 8 bis 10 Milliarden Euro Einnahmen müssen nun zurückgezahlt werden. Die Regierung Macron und ihre sozialistischen Vorgänger schieben sich gegenseitig die Verantwortung für dieses steuerpolitische Fiasko zu.
Den ohne diese Milliarden von den Konzernen kann Frankreich das Euroziel, das Staatsdefizit unter 3 Prozent der Wirtschaftsleistung zu halten, nicht erreichen. Das wäre für Macron eine Blamage vor seinen europäischen Partnern, nachdem er bislang auf die Einhaltung der Haushaltsdisziplin gepocht hatte.
Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, der aus den Reihen der konservativen Partei Les Républicains kommt und von Steuererhöhungen grundsätzlich nichts hält, appelliert an den Wirtschaftspatriotismus der betroffenen Großunternehmen.
Die Sondersteuer soll 5,4 Milliarden Euro einbringen. Le Maire hat versprochen, dass sie eine Ausnahme bleibt. Eine Rückkehr zu einer verfassungskonformen Version der Dividendensteuer für Großunternehmen wünscht er nicht. Das gibt der linken Opposition ein Argument in der Debatte über die Haushaltspolitik.
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