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Regierung will kein Viertel

Die neue Landesregierung beerdigt die rot-grünen Pläne für ein neuen Regierungsviertel. Die konservative Baulust wird sich auf die Sanierung des maroden Innenministeriums beschränken

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Nordrhein-Westfalens neue Landesregierung verabschiedet sich von Plänen zur Schaffung eines neuen Regierungsviertels im Düsseldorfer Stadtzentrum. „Ein solches neues Regierungsviertel wird es nicht geben“, so Bernd Löcher, Sprecher des NRW-Bauministeriums, auf taz-Anfrage. Christdemokrat Oliver Wittke, neuer Minister für Bauen und Verkehr, strebe stattdessen eine „kleine, pragmatische Lösung“ an: „Mehr ist angesichts der katastrophalen Haushaltslage nicht machbar“, sagt Löcher.

Die aktuelle Debatte ausgelöst hat das Innenministerium: Das Gebäude in der Düsseldorfer Jägerhofstraße, in dem das Ressort von FDP-Innenminister Ingo Wolf untergebracht ist, gilt als asbestverseucht und damit sanierungsbedürftig. Die bis Mai regierende rot-grüne Koalition hatte deshalb einen großen Wurf geplant (siehe Kasten). Der Abriss des maroden Hauses galt als wünschenswert. Damit aber, sagt die grüne Landtagsabgeordnete Monika Düker, setze ein Dominoeffekt ein – schließlich könnten die Mitarbeiter „nicht in Zelten campieren“, sagt die Düsseldorferin.

Der rot-grüne Plan: Nach dem Abriss des Innenministerium hätte das zentral in Landtagsnähe gelegene Grundstück verkauft werden sollen. Mit dem Geld sollte die alte, unter Denkmalschutz stehende Oberfinanzdirektion am Jürgensplatz modernisiert und zum neuen Sitz des Innenministeriums ausgebaut werden. Auch eine Verlagerung des nur zur Miete untergebrachten Umweltministeriums galt als wahrscheinlich – sogar einen international besetzten Architektenwettbewerb hatte Nordrhrein-Westfalens ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident und Bauminister Michael Vesper (Grüne) schon ins Gespräch gebracht.

Bauminister Wittke gilt Grünen und Sozialdemokraten nun als „Bremser“. Der Entwurf der Vorgängerregierung sei „wohl einer Nummer zu groß“ für den ehemaligen Gelsenkirchener Oberbürgermeister, wird auf Seiten der Opposition im Landtag bereits gelästert. „Ich blicke mit Unverständnis auf das, was Wittke da plant“, sagt auch die Düsseldorfer SPD-Landtagsabgeordnete Claudia Nell-Paul. Schließlich sei das rot-grüne Modell „durchgerechnet“ gewesen: Der Verkauf des Geländes des Innenministeriums samt angrenzendem Parkplatz hätte genug Geld in die Kassen gespült, um die aufwändigen Umbauten am Jürgensplatz zu finanzieren. Und der Umzug des angemieteten Umweltministeriums hätte weitere Entlastungen gebracht, glauben die Abgeordneten: „Sicher kann ein solches Filetgrundstück in Düsseldorf gewinnbringend an den Markt gebracht werden“, ärgert sich Düker. „Wir leisten uns hier den teuersten Parkplatz der Republik.“

Wenig engagiert zeige sich auch Düsseldorfs CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin, ärgern sich die beiden Abgeordneten. „Verantwortungslos“ handle der Verwaltungschef, der schon das rot-grüne Bauprojekt „nach Kräften blockiert“ habe, so Nell-Paul. „Selbst jetzt, nach dem Regierungswechsel, ist Erwin nicht an einer einvernehmlichen Lösung mit seinem Parteifreund Wittke interessiert“, klagt Nell-Paul. „Damit gehen der Düsseldorfer Wirtschaft Aufträge in Millionenhöhe verloren.“

Doch die Christdemokraten Wittke und Erwin werden sich bewegen müssen. Die Sanierung des Innenministeriums dürfte wohl „sehr teuer“ werden, muss auch Wittkes Sprecher Bernd Löcher einräumen – ein Abriss des asbestverseuchten Hauses und damit ein Neubau sei „nicht auszuschließen“. Dann aber müsste ein Ausweichquartier für die Beamten und Angestellten von Innenminister Wolf her – und das könnte eventuell doch am Jürgensplatz stehen. Selbstverständlich hätten Wittke und Erwin schon über das Thema gesprochen, sagt Bauministeriums-Sprecher Löcher. Eine Entscheidung sei zwar noch nicht gefallen – „aber natürlich ist dem Minister klar, dass die Mitarbeiter des Innenministeriums irgendwo untergebracht werden müssen.“

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