piwik no script img

Hoffenheim spielt gegen Başakşehir FKSuper Staatsklubs in der Süper Lig

Hoffenheim spielt in der Europa League gegen Başakşehir FK. Der Verein verdankt seinen Aufstieg der Vernetzung mit AKP und Erdoğan.

Erdoğan schaut sich das Champions-League-Qualifikationsspiel Başakşehir gegen Brügge in Istanbul an Foto: Imago/Depo Photos

Anfang November lädt der Türkische Fußballverband (TFF) Journalisten aus westeuropäi­schen Ländern ein. Rund um das Champions-League-Spiel zwischen Beşiktaş Istanbul und AS Monaco soll den Besuchern gezeigt werden, wie die Türkei – und speziell der Fußball im Land – „wirklich“ seien. Die Türkei will unbedingt die Europameisterschaft 2024 ausrichten, das ist der Wunsch der Regierungspartei AKP und vor allem von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan. Einziger Mitbewerber ist Deutschland.

Schon im August hatte der neue Chef der Uefa-Medienkommission auf einer Veranstaltung versucht, europäische Journalisten von den Fortschritten des türkischen Fußballs zu überzeugen. Der Mann ist aber nicht ganz unparteiisch. Er heißt Servet Yardımcı, ein türkischer Reeder aus Rize am Schwarzen Meer. Yardımcı versicherte, es gebe keinen Einfluss der Politik auf den Fußball. Auch der Retortenklub Medipol Başakşehir FK, der heute Abend in der Europa-League bei der TSG Hoffenheim antritt, stünde nicht unter dem Einfluss der Politik.

Das aber ist Propaganda, den Aufstieg der ehemaligen Betriebsportgruppe der Istanbuler Stadtverwaltung zu einem ernstzunehmenden Herausforderer der großen Klubs Fenerbahçe, Beşiktaş und Galatasaray verdankt der Verein seinen guten Verbindungen zur Regierungspartei AKP und Erdoğan. Als der letztjährige Vizemeister im Sommer in der Champions-League-Qualifikation zu Hause den FC Brügge besiegt hatte, feierten die Spieler den anwesenden Erdoğan nach dem Abpfiff in der Kabine.

Die Verbindungen zwischen Başakşehir FK und Erdoğan sowie der AKP sind vielfältig. Schon der Name des Klubs liefert einen Hinweis. Im Jahr 2015 kaufte sich die Krankenhauskette Medipol in den Namen des Klubs ein, das Unternehmen wird von einem engen Vertrauten Erdoğans geführt. Auch andere Großsponsoren weisen eine große Nähe zur AKP auf. Vor zwei Jahren weihte Erdoğan das neue Stadion ein und erzielte beim Eröffnungsspiel einen gefeierten Hattrick. Gebaut wurde die Arena von der Kalyon-Gruppe, die an den Plänen zum Umbau des Gezi-Parks beteiligt war und in den Bau des dritten Flughafens in Istanbul involviert ist, einem Prestigeprojekt der AKP-Regierung. Sponsor ist das Bauunternehmen Makro İnşaat, das mit der Werbung „Bir Ev, Bir Aile“ – „Ein Haus, eine Familie“ – quasi das Programm der AKP in sich trägt.

Die Bande zwischen der politischen Macht und dem Klub sind sogar verwandtschaftlicher Natur: Başakşehir-Präsident Gök­sel Gümüşdağ, ein Unternehmer und Politiker, ist mit einer Nichte von Erdoğans Frau verheiratet. Gümüşdağ war lange Vorsitzender der Vereinigung der türkischen Profiklubs, jüngst trat er nicht mehr an. Viele vermuteten politische Ambitionen dahinter, womöglich im TFF, wo der langjährige Präsident Yıldırım Demirören nach der verpassten WM-Qualifikation unter Druck steht.

Erdoğan weihte das neue Stadion ein und erzielte danach einen Hattrick

Başakşehir, das vom ehemaligen Nationaltrainer Abdullah Avcı trainiert wird, ist der einzige türkische Spitzenklub ohne Schulden. Aber auch ohne Fans. Normalerweise sind bei den Heimspielen nur 3.000 Zuschauer. Die Mannschaft ist erfahren, neben Emre kicken dort auch andere Altstars wie der Schweizer Gökhan Inler, der Franzose Gaël Clichy oder der Niederländer Eljero Elia. Ak­tuell steht die Elf auf Rang 4 in der Süper Lig, in der Europa-League gewann sie allerdings erst einen Punkt. Die Partie in Hoffenheim (0 Punkte) ist für beide zum Abschluss der Vorrunde also von großer Bedeutung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!