Mangelnde Sicherheit in Atommüllhalde: Explosionsrisiken in La Hague
In der Aufbereitungsanlage La Hague soll es Sicherheitsprobleme bei der Reinigung von Plutonium geben. Das geht aus Briefen hervor.
Paris taz | Die Wiederaufbereitungsanlage im französischen La Hague soll erst kürzlich vor ernsthaften Explosionsrisiken innerhalb der Anlage gewarnt worden sein. Die französische Wochenzeitung Le Canard enchaîné berichtet, die Direktion der Wiederaufbereitungsanlage habe Ende Juli einen erbosten Brief von der Behörde für die atomare Sicherheit (ASN) erhalten. Auf sechs Seiten weist die ASN auf ernsthafte Explosionsrisiken bei der Reinigung von Plutonium in der Anlage hin. Dieses fällt bei der Wiederaufbereitung und Herstellung von MOX ab, einem Brennstoffgemisch aus Plutonium und Uran.
In dem Reinigungsprozess werden größere Mengen Wasserstoff produziert. Das Gas könne bei einer Konzentration von mehr als vier Prozent in einem geschlossenen Raum explodieren, heißt es. Angesichts der riesigen Mengen an radioaktivem Material in La Hague am westlichsten Zipfel der Normandie hätte das katastrophale Folgen. Den zitierten Briefen der ASN zufolge ist die Unfallprävention vor Ort ungenügend.
Die ASN-Experten hatten im März bei einer Inspektion in La Hague festgestellt, dass die Kontrolle der Wasserstoffdetektoren zu wünschen übrig lasse. Als mangelhaft erwies sich auch die Reaktion bei einer Unfallsimulation durch die ASN: Die Verantwortlichen hätten mehr als anderthalb Stunden gebraucht, um Druckluftflaschen herzutransportieren, die bei Explosionsgefahr unentbehrlich wären. Dem Medienbericht zufolge fordert die ASN darum die Direktion in La Hague auf, dringend für Ordnung zu sorgen.
Gewerkschaftskreise hatten die Atomschutzexperten schon zuvor mehrfach darauf hingewiesen, dass Sicherheitsprozedere nicht respektiert würden und die Einrichtung in „zum Teil alarmierendem Zustand“ sei. Aus Spargründen sei „der präventive Unterhalt aufs strikte Minimum reduziert, die Prozeduren maximal vereinfacht worden“. Die Ausbildung erfolge wegen Personalmangels „auf die Schnelle“, steht in einem internen Dokument, das der ASN zugespielt wurde.
Solch negative Schlagzeilen kann die riesige Atommüllhalde nun wirklich nicht brauchen. Die Anlage läuft derzeit nur zu etwa drei Vierteln ihrer Kapazität, denn die Nachfrage nach dem Brennstoffgemisch MOX sinkt. Wichtige ausländische Kunden wie Deutschland steigen aus dem Atomgeschäft aus.
Von den 2016 verarbeiteten 1.118 Tonnen Brennstäben kamen 1.100 Tonnen aus französischen AKWs. Aber auch Frankreich benötigt viel weniger MOX, wenn wie angekündigt bis 2025 tatsächlich die 17 ältesten Reaktoren stillgelegt werden. Dann bleibt die Frage, was aus den enormen Mengen an Atommüll, den Brennstäben und vor allem aus den fast 60 Tonnen Plutonium werden soll, die noch in La Hague eingelagert sind.
Leser*innenkommentare
anyhow
... und wenn es windig wird hierzulande - und das wird es bekanntlich des Öfteren - dann weht sehr häufig der Wind aus dem Westen.. Im Falle eines (Un-)Falles wären wir stark betroffen.. grübelgrübel
Sabbelkopp
Viel witziger ist die Tatsache, daß die Anlage seit vielen Jahrzehnten ihre Abwässer ungebremst in den Atlantik donnern lässt.
Meeresfrüchte oder Austern aus der Normandie? Hmmm! Delikatesse!
Aber keine Panik!
Laut Meeresströmung werden die Abwässer schön weiträumig verteilt. (Manche glauben "verdünnt"=harmlos.)
Zunächst den Ärmelkanal hoch bis in die Nordsee, weiter an Norwegens Küste dem Golfstrom weiter folgend.
Bereits in den 1990ern konnte vor Nordamerikas Atlantikküste (Hummer) radioaktives Material aus La Hague nachgewiesen werden.
Bon appétit!
danny schneider
a bisserl mehr oder weniger, was solls?
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/atommuellfaesser-im-aermelkanal-entdeckt-a-893776.html