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Krisenmanagement der RheintalbahnDas „Rastatt-Desaster“

Die Reparatur an der Rheintalbahn geht in die nächste Phase. Experten rechnen mit hohen Schäden für den Güterverkehr.

An der Baustelle für den abgesenkten Bahntunnel Rastatt wird bei Niederbühl eine Betonplatte zur Stabilisierung des Tunnels gegossen Foto: dpa

Knapp vier Wochen nach der Sperrung der Rheintalbahn bei Rastatt hat die Deutsche Bahn am Donnerstag begonnen, den beschädigten Abschnitt oberhalb des Tunnels zu betonieren. „Am 7. Oktober ab 00.01 Uhr sollen die Züge wieder rollen“, sagte Projektabschnittsleiter Frank Roser.

Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerkes Europäische Eisenbahnen, bezweifelt das. Damit nicht noch eine weitere Röhre einstürze, wolle die Bahn eine zweite Betonplatte verlegen. Das könne länger dauern als geplant. „Dabei zählt jeder Tag.“

Reisende fahren zwischen Rastatt und Baden-Baden mit Ersatzbussen. Beim Güterverkehr ist die Lage allerdings angespannt. In einem offenen Brief an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und die EU-Kommissarin für Verkehr Violeta Bulc vom Montag schrieben zwei Dutzend Verbände und Unternehmen aus dem Transportsektor und Naturschutz, die Situation in Rastatt sei ein „Desaster“ für den Güterverkehr und Folge defizitären Krisenmanagements. Laut Westenberger blieb der Brief bisher unbeantwortet.

Trotz der hohen Bedeutung der Rheintalbahn insbesondere für den kombinierten Verkehr aus Bahn und Lastwagen in Europa fehlte laut Westenberger ein Notfallplan, Alternativen würden nun unzureichend organisiert. Für eine internationale Lösung fehlen die Strukturen.

„Die Politik unterstützt die DB Netz zu wenig“, so Westenberger. Es gebe Umleitungskapazitäten, aber besonders bei Grenzüberschreitungen komme es zu Verzögerungen. Druck auf nationale Eisenbahngesellschaften sei nötig. „Lokführer und Fahrdienstleiter fehlen die Kenntnisse, um fremde Strecken zu übernehmen“, sagt Westenberger. Die Güterbahnen auf den Umfahrungstrecken decken so bisher auch nur rund 25 Prozent des Normalvolumens ab.

„Unternehmen, die auf den Güterverkehr auf der Strecke spezialisiert sind, sind bedroht“, sagt Westenberger. Mindestens zwei von 20 fürchteten die Insolvenz. Er rechnet mit einem Schaden von über 100 Millionen Euro, Schäden der Volkswirtschaft und Infrastruktur nicht einberechnet. Laut Brief läuft rund die Hälfte des Warenaustauschs zwischen Nordeuropa und Italien über die Rheintalbahn.

Außerdem droht dem Bahnverkehr ein langfristiger Schaden. „Insbesondere der Güterverkehr verlagert sich auf die Straßen“, sagt Westenberger. „Denn Umleitungen bringen für viele Unternehmen zu große Verzögerungen mit sich.“

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2 Kommentare

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  • Die Politik ist doch mit dem Herrn Ronaldo Pofaller bestens in der DB-AG vertreten. Er hat es ja nicht einmal geschafft in seinem Wahlkreis die Betuwe-Bahn in den Niederlanden anschließen zu lassen. Die Berliner Puppenkiste im Reichstag bastelt lieber an Bahnhofsprojekten, als an der Schaffung eines modernen Eisenbahnnetzes.

     

    Seit Jahren endet die Betuwe-Bahn kurz vor dem Erreichen der deutschen Staatsgrenze und mündet in die zweigleisige Strecke Oberhausen-Arnhem. Diese Strecke ist völlig überlastet. Nun hat man sich in "zähem Ringen" die Möglichkeit zu einem dritten Gleis geschaffen. Kleingeist regiert in ganz Deutschland. Als nächster Schritt steht der Kampf mit den Kommunen auf dem Plan, welcher Bahnübergang nun wirklich nötig ist und ob man tatsächlich eine Brücke stattdessen bauen muss.

     

    In fünf Jahren dürfte dann der Baubeginn für das dritte Gleis vorliegen.

     

    Das kommt eben davon, wenn die CDU/CSU seit Anbeginn der BRD nichts anderes im Sinn hatte als den Eisenbahnverkehr komplett verschwinden zu lassen zugunsten einer automobilen Gesellschaft.

     

    Niemand konnte so weit denken, dass Warenströme durch das gesamte Land fließen könnten, die dann den Straßenverkehr zum Erliegen bringen.

     

    Es ist dieses Provinzielle, die Kleinkariertheit als Lebensmodell, Geistlosigkeit, welche zur Grundlage eines Koofmich-Systems wurde. Man selbst bezeichnet sich gern als "global player" und ist am Ende nichts weiter als eine miese Krämerseele.

     

    Einbildung ist auch eine Bildung. Nur zur Erinnerung. In der DDR waren die Warenverkehrsströme wie folgt verteilt: 10 % für den Straßenverkehr und 90% Eisenbahntransport. Die Straßen erlaubten damals auch kaum mehr Transporte.

     

    Im Zuge der Wiedervereinigung wurde die Qualität der Straßen in der BRD immer mehr an die der DDR erfolgreich angeglichen. Allerdings bei abnehmenden Eisenbahntransportleistungen.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Der eigentliche Skandal ist, dass dieser Totalausfall quasi unbeachtet bleibt.

    Hat jemand eine Webcam gefunden?

    Stellt Euch vor, eine Autobahn würde einstürzen - jesses, was da los wär!

     

    Es gibt für diese europäische Hauptstrecke Rotterdam-Mailand KEIN Alternativgleis. Weder auf der anderen Rheinseite noch am Rand der Rheinebene. Wahnsinn! Und keiner wills wissen!