Fernsehen in der Hauptstadt: RBB soll jetzt frischer werden
Das Fernsehprogramm des RBB gilt bislang nicht gerade als Quelle heißer News und zeitgemäßer Unterhaltung. Das soll nun eine Programmreform ändern.
Wer heute in Neukölln unter Zwanzig- bis Vierzigjährigen eine Straßenumfrage zum Thema RBB durchführen würde, der würde wohl vor allem Schulterzucken ernten. Den meisten fiele wohl höchstens noch der „Tatort“ ein – oder vielleicht Kurt Krömer, der ja nun leider seit Längerem schon kein Fernsehen mehr macht.
Für viele verbindet sich mit dem RBB wohl eine Art Piefigkeit, wie sie SFB-Produktionen wie „Liebling Kreuzberg“ oder „Drei Damen vom Grill“ vermitteln, wenn man sie heute guckt. Zur Erinnerung: Der SFB fusionierte vor 14 Jahren mit dem ORB zum RBB.
Das Problem: Auch nach 14 Jahren interessiert sich der durchschnittliche Berliner weit weniger für Brandenburgs schönste Bahnstrecken als der Hamburger für die in Schleswig-Holstein. Es gibt ein Stadt-Land-Gefälle, das auch ein Ost-West-Gefälle ist. Der Spagat, alle abzuholen, ist weit größer als der, den andere Dritte Programme schaffen müssen.
Außerdem war der RBB bislang so arm wie sein Publikum – erst seit der Einführung der Rundfunkgebühren pro Haushalt geht es ökonomisch aufwärts.
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) entstand am 1. Mai 2003 durch die Fusion des Senders Freies Berlin (SFB) und des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB).
Schon kurz nach ihrem Amtsantritt im Juli 2016 sagte die neue Intendantin Patricia Schlesinger der taz, der RBB sei ein „festes, fertiges Gebäude“, nun gelte es nur noch, „Türen aufzustoßen“. Im Frühling 2017 startete sie eine Programmreform, die mit der Neugestaltung bestehender und der Einführung neuer Formate ab 1. September noch nicht abgeschlossen sein soll. (sm)
Quotenproblem
Der RBB kämpft also seit je mit einem Image- und daher auch einem Quotenproblem. Nur etwa sechs Prozent der fernsehenden Berliner und Brandenburger schalteten zuletzt den RBB ein. Damit war der Ländersender lange das Schlusslicht, erst seit Kurzem wird der Hessische Rundfunk (HR) als noch schwächeres Dritte Programm der ARD gelistet.
„Wir werden uns da rausarbeiten“, sagte daher am Dienstagvormittag Patricia Schlesinger, Intendantin des RBB seit 15 Monaten, bei der Vorstellung der zweiten Etappe der Programmreform in der erst vor wenigen Wochen eröffneten RadioEins-Dachlounge in der 14. Etage des Fernsehzentrums am Theodor-Heuss-Platz. Von Anfang an war Schlesingers Devise, das Fernsehprogramm des RBB müsse „mutiger, kantiger und wahrnehmbarer“ werden, bereits im Frühling ging eine neue Verbrauchermagazin „Super.Markt“ an den Start.
Nun also der bislang größte Aufschlag: Eine Imagekampagne in Knallrot (statt bislang Ochsenblut) und zugegeben selbstironischen Plakaten. Ab nächster Woche wird es Sendungen geben, die im neuen Licht erstrahlen („RBB aktuell“ und „Täter Opfer Polizei“), auch neue Formate wie „Erlebnis Geschichte“.
Vor allem aber: Es gibt eine Sendung, wie sie bislang im deutschen Fernsehen noch nicht versucht wurde. Am 7. September wird erstmals die „Abendshow“ ausgestrahlt, die als „lässiges Metropolenmagazin“ beworben wird, „so gemein und schmutzig wie Berlin“.
Großes Wagnis
Man ist sich einig im Sender: Die „Abendshow“ ist bislang das größte Wagnis der RBB-Programmreform. Sie soll so lustig werden wie ihre Namensgeberin „heute-show“, gleichzeitig aber auch informativ – ja investigativ. Das, was man als interessierter Zuschauer in Trailern oder auf YouTube aus der „Abendshow“ bislang aufschnappen durfte, ist nicht unlustig – zum Beispiel eine Verballhornung der Berliner Partypolizisten in einem Musikvideo.
Auch die Moderatoren sind vernünftig: Marco Seiffert kannte man bislang aus dem „Schönen Morgen“ bei Radio Eins – als Typ, der Politiker am Telefon manchmal schön in den Schwitzkasten nimmt. Britta Steffenhagen überzeugt durch ihre Berliner Schnauze, bekannt wurde sie als Ensemblemitglied der „Rixdorfer Perlen“ im Heimathafen Neukölln.
Man weiß nicht, was aus der „Abendshow“ wird, die übrigens bei der Premierenausgabe auf dem Flughafen BER ausgestrahlt wird. Wird man als Zuschauer tatsächlich Themen finden, die man nirgendwo anders findet, noch dazu charmant aufbereitet? Oder wird man sich eher fremdschämen müssen?
So oder so: Die Programmreform war nötig, damit nicht jeder nur noch an Manfred Krug und Günther Pfitzmann denkt, wenn er nach dem RBB gefragt wird.
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