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Letzte Ausfahrt vor dem Knast

SOZIALES Der Senat verhandelt mit der Inneren Mission über eine Jugendhilfeeinrichtung zur Haftvermeidung in Lesum. In den normalen Heimen stehen dafür immer mehr Betten leer

„Die Gesamtzahl der minderjährigen Geflüchteten in Bremen ist stark gesunken“

Der Senat plant in Lesum eine neue Jugendhilfeeinrichtung zur Haftvermeidung mit sieben Plätzen. Bremen verhandle darüber derzeit mit der Inneren Mission, sagte am Montag David Lukaßen, Sprecher von Sozialsenatorin Anja Stahmann. Am heutigen Dienstag werde der Senat voraussichtlich beschließen, die Verhandlungen fortzusetzen. Dabei geht es vor allem darum, dass die Innere Mission nicht das finanzielle Risiko dafür tragen wolle, wenn nicht alle Plätze belegt sind – „dafür haben wir Verständnis“, so Lukaßen.

Das Jugendheim soll vermeiden, dass straffällig gewordene Jugendliche sofort inhaftiert werden und wie eine „letzte Ausfahrt vor dem Knast“ fungieren. Dort sollen sie lernen, eine Perspektive für sich zu entwickeln, ohne wieder kriminell zu werden. „Wir hatten so etwas bisher nicht in Bremen, da sind einige in der JVA gelandet, andere mussten wir in Nordrhein-Westfalen unterbringen“, sagt Lukaßen.

Die Planungen resultieren aus der zwei Jahre lang geführten Debatte um ein geschlossenes Heim für unbegleitete minderjährige Ausländer, die wiederholt straffällig geworden sind. Erst im Februar hatte der Senat erklärt, nun doch auf ein solches zu verzichten. Klar war allerdings, dass es in Bremen eine Betreuungslücke gibt, die jetzt durch das Heim in Lesum geschlossen werden soll.

Zwischen 14 und 17,5 Jahren dürfen die Jugendlichen sein, sagt Lukaßen, da sie mit 18 die Einrichtung verlassen und es nicht sinnvoll sei, wenn sie weniger als ein halbes Jahr dort wohnen. Rund um die Uhr sollen zwei Betreuer*innen vor Ort sein, hinzu kämen weitere Fachkräfte, die stundenweise mit den Jugendlichen arbeiten. Die Kosten würden sich pro Jugendlichen auf 360 Euro am Tag belaufen.

Von der geschlossenen Unterbringung hatte sich die rot-grüne Koalition vor allem deshalb verabschiedet, weil es kaum noch Jugendliche gegeben hatte, die dafür infrage gekommen wären.

Das liegt auch daran, dass die Gesamtzahl der minderjährigen Geflüchteten in Bremen stark gesunken ist. Das geht aus einem Bericht hervor, der in der Sozialdeputation am vergangenen Donnerstag vorgestellt wurde.

Während im Juni 2016 73 Jugendliche in Bremer Erstaufnahmen landeten, waren es ein Jahr später nur noch 45. Insgesamt kamen von Juni 2016 bis Juni 2017 894 jugendliche Geflüchtete nach Bremen. Allerdings: Mehr als 300 von ihnen wurden durch die jugendamtliche Altersfeststellung für volljährig erklärt, der größte Teil davon wurde nach dem Königsteiner Schlüssel auf andere Bundesländer verteilt. Ebenfalls „umverteilt“ wurden 315 „anerkannt“ Minderjährige.

Die Gesamtzahl der seit 2013 nach Bremen gekommenen minderjährigen, unbegleiteten Geflüchteten und derjenigen, die zwar volljährig sind, aber immer noch vom Jugendamt unterstützt werden, ist im gleichen Zeitraum ebenfalls gesunken: von 2.087 auf 1.645. „Insgesamt“, heißt es in dem Bericht der Sozialbehörde, „werden bis 1.045 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) in den kommenden drei Jahren aus der Jugendhilfe in die Selbständigkeit entlassen werden können.“

Für Mitte 2018 geht die Sozialbehörde deshalb von 200 unbelegten Plätzen in Einrichtungen für unbegleitete Minderjährige aus. „Bereits aktuell“ gebe es laut Bericht „freie Plätzen in der UMA-spezifischen Unterbringung von Jugendlichen.“

S. Schnase und E. Bruhn

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