Zeremonielles Staatsoberhaupt in Indien: Kastenloser Kandidat ist Präsident
Der Jurist und Diplomat Ram Nath Kovind gilt als Feigenblatt der Hindu-Nationalisten. Politische Impulse sind von ihm nicht zu erwarten.
Mit der Nominierung des konservativen Dalit („Unberührbaren“) Kovind gelang der BJP ein geschickter Schachzug. Den hatte ihr die oppositionelle Kongress-Partei offenbar nicht zugetraut. Denn unter der seit 2014 in Delhi regierenden BJP hatten Übergriffe Nichthindus wie auch die sogenannten Kastenlosen, als welche die auf der untersten Stufe der hinduistischen Hierarchie stehenden Dalits gelten, zugenommen.
Radikale Hindus lässt die BJP-Regierung in der Regel gewähren. Die Kongress-Partei hatte deshalb die Nominierung eines Hindu-Hardliners erwartet und mit der Nominierung eines eigenen Kandidaten gewartet.
Kovind, der aus der radikalen BJP-Kaderorganistion RSS stammt, hatte sich in Maßen für die als unrein geltenden Dalits eingesetzt. Damit konnte die Kongress-Partei selbst auch nur eine kastenlose Politikerin, Meira Kumar, nominieren. Die 72-jährige Tochter des früheren Dalit-Führers Jagjivan Ram war zuvor Indiens erste weibliche Parlamentspräsidentin gewesen. Wie Kovind gehörte sie auch zeitweilig dem diplomatischen Korps an.
Somit standen sich erstmals bei einer indischen Präsidentschaftswahl zwei Dalit-Kandidaten gegenüber. Mit Kocheril Raman Narayanan war schon von 1997 bis 2002 erstmals ein Kastenloser Staatspräsident gewesen. Es wird nicht erwartet, dass sich mit einem Dalit an der Staatsspitze das Leben der rund 250 Millionen Dalits in Indien grundsätzlich verbessert.
Vielmehr gilt Kovind eher als Feigenblatt einer hindu-chauvinistischen Politik, die von Indiens Muslimen weitgehend abgelehnt wird. Viele Dalits leben überdies von der Rinderzucht und Lederproduktion und stehen damit im Widerspruch zu Hindu-Hardlinern, die Kühe als heilig ansehen.
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