: Deutsche und die Wahrheit
Rechte II Die Kleinpartei „Deutsche Mitte“ warb zwei Wochen lang mit Verschwörungs-Ideologie für Unterschriften zur Bundestagswahl. Dabei half die Hip-Hop-Band „Die Bandbreite“
Reisende am Hauptbahnhof wurden in den vergangenen zwei Wochen nicht nur von der Baustelle gestört. Gemeinsam mit der Band „Die Bandbreite“ veranstaltete die Kleinstpartei „Deutsche Mitte“ eine „Friedensmahnwache“ am Bahnhofsvorplatz. Die Partei sammelte Unterschriften, um im September an der Bundestagswahl teilnehmen zu können.
Denn dafür müssen Parteien sich erst einmal qualifizieren. Dazu benötigen Parteien eine bestimmte Anzahl an Unterschriften. In den meisten Bundesländern braucht es 2.000 UnterstützerInnen, damit eine Partei eine Landesliste einreichen darf. In Bremen reichen wegen der niedrigeren Bevölkerungszahl schon 484 Unterschriften.
Bis heute müssen Parteien ihre Unterschriften beim Bundeswahlleiter einreichen. Am Freitag sagte ein Parteisprecher, die „Mitte“ sei in Bremen „fast durch“ – ein paar Unterschriften seien noch auf dem Postweg. In vier Bundesländern – Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Saarland – darf sie bereits teilnehmen.
Die Partei ordnet sich zwar selbst in der politischen Mitte ein, im Wahlprogramm sind jedoch verschwörungstheoretische wie rechte Inhalte zu finden. So verspricht sie, im Falle eines Wahlsiegs, ein neues „Ausländergesetz“ einzuführen, um „Massenzuwanderung“ mit „niedrigen Obergrenzen“ zu unterbinden. Auch will sie „Zockerei, Zins und Zinseszins“ abschaffen.
Aus Sicht der „Mitte“ verdiene Deutschland endlich einen „Friedensvertrag“ und müsse wieder „volle Souveränität“ erlangen. Wie auch ReichsbürgerInnen sagt die Partei, dass Deutschland kein freies Land sei, weil der Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1991 kein Friedensvertrag sei. Außerdem gehöre der „Zwangsbeitrag“ der GEZ abgeschafft, um wieder „transparente“ Berichterstattung zu sichern. Aus den Lautsprechern am Bahnhof tönte es zudem: „Momentan erlebt Deutschland eine Gleichschaltung, die Goebbels stolz machen würde!“ – die Verharmlosung des Nationalsozialismus ist offenbar auch ein wichtiger Teil des Parteiprogramms.
Unterstützt wird die Aktion von einer Hip-Hop-Band, die sich selbst als „politisch links“ bezeichnet: „Die Bandbreite“ und ihr Frontmann Marcel Wojnarowicz. Schon 2015 sprach der „Rapper“ in Bremen vom Gaza-Bombardement der vermeintlich „rechtsradikalen israelischen Regierung“. In ihren Songs wendet sich die Band auch gegen die US-Politik. Sie singen davon, die USA hätten die Anschläge des 11. Septembers selbst inszeniert. Und auch die Mondlandung hat es laut ihrer Songtexte nicht gegeben. Der rechte Publizist Jürgen Elsässer bezeichnete das Duisburger Duo als „erfolgreichste Band der Wahrheitsbewegung“.
Immerhin: Am Wochenende war es politisch und musikalisch am Hauptbahnhof wieder ruhig. Die „Deutsche Mitte“ hat ihre Mahnwache beendet. Auch die „Bandbreite“ ist weitergezogen: Sie nervte am Wochenende die Gehörgänge von PassantInnen in der Hannoverschen Innenstadt. Lukas Thöle
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