Bericht zur Tötung von Umweltschützern: Einsatz mit dem Tod bezahlt

Wer das Recht auf eine intakte Umwelt verteidigt, lebt mitunter gefährlich. 2016 kamen weltweit mindestens 200 Öko-AktivistInnen gewaltsam ums Leben.

Eine Gruppe von Menschen steigt einen Berg hoch. Ganz vorn eine Frau. Es ist Berta Cáceres

Berta Cáceres im Oktober 2015 in Honduras Foto: dpa

Berlin taz | Nur wenige bekanntere Namen schafften es in die internationalen Medien. Berta Cáceres etwa, die sich für die Rechte indigener Völker und den Erhalt ihrer natürlichen Umwelt in Honduras einsetzte und dafür unter anderem mit dem Goldman Environmental Prize ausgezeichnet wurde. Oder Zafar Lund, der in Pakistan ein zivilgesellschaftliches Forum aufbaute, das für das Recht auf Wasser kämpft. Beide wurden im vergangenen Jahr vor ihren Häusern erschossen.

Aber es sind noch viel mehr: Dem jüngsten Report der Menschenrechtsorganisation Global Witness zufolge wurden 2016 weltweit mindestens 200 UmweltschützerInnen ermordet, so viele wie nie zuvor. „Und das ist nur die Spitze des Eisbergs“, schreiben die AutorInnen. Viele Morde blieben vermutlich unbeachtet, weil sie in ländlichen Regionen stattfinden.

Die ExpertInnen von Global Witness werteten Medienberichte und Informationen anderer Nichtregierungsorganisationen sowie der Vereinten Nationen aus und ließen die Daten in bekannt problematischen Staaten wie Brasilien, Kolumbien, Honduras und den Philippinen zusätzlich durch Monitoring-Gruppen überprüfen.

Die Entwicklung hin zu immer mehr tödlicher Gewalt gegen Öko-AktivistInnen beschränkt sich laut dem Report nicht auf einige wenige Länder. Die AutorInnen dokumentieren Fälle aus 24 Staaten, 2015 waren es noch 16 gewesen.

Besonders riskante Regionen

So gehören inzwischen auch mehr asiatische Länder zu den besonders riskanten Regionen. In Indien beispielsweise zählte Global Witness 16 Tote, mehr als dreimal so viele wie im Jahr davor. Die meisten der AktivistInnen wurden auf Demonstrationen von der Polizei zu Tode geknüppelt oder erschossen.

Am gefährlichsten sind immer noch die lateinamerikanischen Länder. Allein in Brasilien wurden 49 Frauen und Männer getötet. In Kolumbien, das dabei ist, den jahrzehntelangen Bürgerkrieg zu beenden, waren es 37. „Hier geht Profit über den Friedensprozess“, schreiben die AutorInnen. Zum einen würden RückkehrerInnen angegriffen, die einen Anspruch auf Land erheben, das ihnen während des Konflikts gestohlen wurde. Zum anderen verstärkten die wieder zunehmenden Investitionen den Kampf um Ressourcen.

Insgesamt stehen die meisten Morde im Zusammenhang mit Bergbau, Öl oder Urwaldvernichtung. Aber auch Konflikte über landwirtschaftliche Nutzung, Zugang zu Wasser oder Wilderei werden zunehmend brutaler. In einigen afrikanischen Ländern beispielsweise sind Wildhüter in Nationalparks besonders gefährdet, allein im Kongo wurden 2016 20 Ranger von Wilderern erschossen.

Wer sich gegen Umweltzerstörung wehre, gelte schnell als „kriminell“ oder „terroristisch“, werde polizeilich verfolgt und vor Gericht verklagt

Global Witness kritisiert Regierungen und Behörden. Nicht nur schützten sie die „Umweltaktivisten und Menschen, die anerkannte Menschenrechte wie das auf eine saubere Umwelt in Anspruch nehmen oder verteidigen“, zu wenig. Teilweise kriminalisierten sie diese sogar. Wer sich gegen Umweltzerstörung wehre, gelte schnell als „kriminell“ oder „terroristisch“, werde polizeilich verfolgt und vor Gericht verklagt. „Dabei ist Protest oft die einzige Möglichkeit, zur Nutzung von Land und natürlichen Ressourcen Stellung zu beziehen“, heißt es in dem Report.

Die AutorInnen fordern mehr gesetzlichen Schutz und eine rigorosere Verfolgung der Verletzung von Umwelt- und Menschenrechten. Dass Letzteres nicht einmal bei Mord selbstverständlich ist, zeigt die Tatsache, dass bei den wenigsten der 200 Fälle im vergangenen Jahr auch nur ein Verdächtiger festgenommen wurde.

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