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Opfer des U-Bahn-Treters sagt aus

Justiz Die 26-Jährige benötigte nach der Tat in Berlin-Neukölln eine therapeutische Behandlung

BERLIN taz | Am zweiten Prozess­tag der Verhandlung gegen den als U-Bahn-Treter bekannt gewordenen Svetoslav S. hat das Opfer des Angriffs ausgesagt. Die 26-Jährige erklärte im Moabiter Strafgericht in Berlin, sie sei am Abend des 26. Oktober auf dem Heimweg gewesen. Mit Musik in den Ohren und aufgezogener Kapuze habe sie wenig von ihrer Umwelt mitbekommen. Plötzlich sei sie dann die Treppe heruntergefallen. Den Sturz habe sie sich nicht erklären können und sie sei erst durch herbeieilende Helfer*innen über die Situation aufgeklärt worden.

Die Frage, ob ihr der Angeklagte im Voraus am U-Bahnhof aufgefallen sei oder es eine Interaktion mit dem Angreifer gegeben habe, verneinte sie. Erst später habe sie über das Überwachungsvideo des U-Bahnhofs nachvollziehen können, was genau passiert war.

Die Tat habe körperliche und psychische Schaden hinterlassen, berichtete sie. Bei dem Sturz erlitt die junge Frau eine Platzwunde an der Stirn und brach sich einen Arm. Nach dem Angriff habe sie sich in therapeutische Behandlung begeben und ihren Alltag vorerst nicht wieder aufgenommen. Nach der Veröffentlichung des Videomaterials habe sie sich erst recht zurückziehen wollen.

Das Video zeigt, wie der Täter dem Opfer in den Rücken tritt und dieses die Treppe hinunterstürzt. Es wurde Ende letzten Jahres publik und fand über verschiedene Medienkanäle große Verbreitung. Auch die Polizei fahndete öffentlich mit dem Überwachungsvideo aus der U-Bahn-Station nach dem Angeklagten, der wenige Tage später festgenommen werden konnte. Die junge Studentin tritt im Prozess als Nebenklägerin auf, hatte sich bei den bisherigen Verhandlungen jedoch durch ihre Anwält*innen vertreten lassen.

Nach der Aussage des Opfers erhob sich der Angeklagte Svetoslav S., der wenige Meter entfernt in einem Glaskasten saß, und sprach dem Opfer mehrmals sein Bedauern und eine Entschuldigung aus. Die 26-Jährige ließ über ihre Anwältin erklären, dass sie die Entschuldigung annehme wolle, aber so lange nicht könne, bis er Verantwortung für die Tat übernehme.

Den Sturz habe sie sich zunächst nicht erklären können

Der Angeklagte hatte in einer Stellungnahme angegeben, am Abend des Angriffs stark unter Drogen gestanden zu haben und sich an nichts erinnern zu können. Er selbst will erst über das Video von seiner Tat erfahren haben. Mutter und Schwester hätten ihn auf dem Video wiedererkannt und es an ihn weitergeleitet. Der Angeklagte soll sich zu dem Zeitpunkt in Marseille aufgehalten haben. Einige Tage später habe er sich auf den Weg nach Berlin gemacht, um sich zu stellen, sei aber bereits bei seiner Ankunft in Berlin festgenommen worden.

Auf den Überwachungsbildern sind neben Svetoslav S. weitere Personen zu sehen, unter anderem der jüngere Bruder des Angeklagten. Vor Gericht hatte dieser erklärt, erst mit der Verhaftung seines Bruders von der Tat erfahren zu haben. Auch er habe stark unter Drogen gestanden und können sich nicht an die Tat erinnern. Am vorangegangenen Prozesstag hatte außerdem die Frau des Angeklagten ausgesagt. Beide Angehörige berichteten von regelmäßigem Konsum von Crystal Meth und anderer Drogen durch den Angeklagten. Bruder und Frau berichteten zudem, der Angeklagte habe sich seit einem Unfall im Jahr 2008 stark gewandelt. Er sei seither häufig aggressiv. Über die Schuldfähigkeit des Angeklagten soll ein Sachverständiger entscheiden. Am kommenden Prozess­tag am Dienstag soll er ein psychologisches Gutachten vorstellen. Anne Pollmann

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