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EU-Maßnahmen gegen BankenpleitenFlauer Plan gegen faule Kredite

Die europäischen Kreditinstitute sitzen auf einem riesigen Berg von Schulden, die niemand zurückzahlt. Im Notfall blecht der Steuerzahler.

Muss schnellstens verkauft werden Foto: dpa

Brüssel taz | Die Eurokrise ist vorbei, die Wirtschaft wächst seit 16 Quartalen ohne Unterbrechung. So weit die gute Nachricht von den Finanzministern in Brüssel. Nun die schlechte: In die Bankbilanzen hat die Krise ein gigantisches Loch gerissen. Auf fast eine Billion Euro beläuft sich die Summe fauler Kredite an Unternehmen, Häuslebauer und andere Schuldner in den europäischen Geldhäusern.

Jetzt will die EU gegensteuern. Aufgerüttelt von der Beinahe-Pleite der italienischen Traditionsbank Monte dei Paschi di Siena (MPS), beschlossen die Finanzminister am Dienstag in Brüssel einen Aktionsplan. Darin wird vor grenzüberschreitenden Problemen für die gesamte Wirtschaft gewarnt, wenn der hohe Anteil notleidender Kredite bei Europas Banken nicht verringert wird.

Die Zeit drängt. Denn nicht nur in Italien, sondern auch in Spanien und sogar in Deutschland drohen Bankpleiten. So könnte der geplante Verkauf der HSH Nordbank doch noch scheitern. Wenn sich kein Käufer findet, würden Hamburg und Schleswig-Holstein auf Verlusten von bis zu 17 Milliarden Euro sitzen bleiben. Trotzdem fällt der EU-Aktionsplan zum Abbau fauler Kredite vage aus. Verlangt werden etwa Leitlinien für kleinere Banken (wie in Italien) – und eine EU-weite Überprüfung der Insolvenzregeln bis Ende 2018.

Außerdem will die EU die Gründung nationaler Bad Banks vorantreiben und einen Markt für faule Kredite schaffen. Bisher bleiben die Banken auf den Darlehen meist sitzen, was Löcher in ihre Bilanzen reißt. Ob dieser Wunschkatalog reicht, um das Problem zu lösen, ist jedoch fraglich. Schließlich belief sich das Volumen notleidender Kredite Ende 2016 mit rund 990 Milliarden Euro auf nahezu 6,7 Prozent der gesamten EU-Wirtschaftsleistung.

In die Bankbilanzen hat die Krise ein gigantisches Loch gerissen

Damit stehen die Europäer deutlich schlechter da als andere große Wirtschaftsmächte: In den USA sind es 1,7 Prozent und in Japan 1,6 Prozent. Zudem bleibt offen, ob und wann die EU die neuen „Bail-in“-Regeln durchsetzen will. Sie sehen vor, dass bei großen Bankpleiten primär die Kapitalgeber zur Kasse gebeten werden – also Aktionäre, Großanleger und auch Sparer mit mehr als 100.000 Euro Einlage. Die dafür zuständige Abwicklungsrichtlinie sollte eigentlich bis zum 1. Januar 2016 in nationales Recht umgesetzt werden.

Doch in Italien gelten immer noch andere Regeln. Und in Deutschland? „Die HSH Nordbank war heute kein Thema“, beruhigt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), erkennbar im Wahlkampfmodus: Eine europäische Bad Bank schloss er aus, bei der beschlossenen Einlagensicherung bremst er. Das norddeutsche Institut habe eine Verkaufsauflage – und „wir tun alles, damit der Verkauf erfolgreich ist“. Bis Ende Februar 2018 muss die HSH Nordbank auf Geheiß der EU-Wettbewerbshüter verkauft sein. Wenn das nicht klappt, wird sie abgewickelt. Die Zeche zahlt womöglich wieder der Steuerzahler.

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1 Kommentar

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  • Auch das ist die nicht vom Bürger demokratisch legalisierte EU.

    Kapitaldiktatur zu Lasten des Volkes lässt "nett" grüßen.

    Die EU, Euro mit allen ihren auch nicht demokratisch legalisiderten Nebenbehörden

    ist und bleibt ein Auslaufmodell.

    Wie hoch ist eigentlich die Insolvensverschleppung bei europäischen Banken eigentlich?

    Wie bekannt sein dürfte, arbeiten die Masse der i.d. EU tätigen Banken eh nur noch mit

    Buchgeldern, man kann es auch als "Spielgeld" bezeichnen, weil es tatsächlich keine Gegenwerte dazu gibt.