piwik no script img

Gemischtes Doppel Sanitäter auf den Demos:Lukas Kratzsch

Ersthelfer mit Anspruch

Viel wurde über das Konfliktpotenzial zwischen der Staatsmacht und G20-Gegner*innen geschrieben. Im Schatten dieser Akteure: die Rettungskräfte. Trotz ihres auffälligen Äußeren mit großem Rucksack, knallroten Jacken samt neonfarbenen Reflektoren bleiben sie auch bei diesem Großevent unscheinbar. Es gibt sie auf beiden Seiten.

Lukas Kratzsch ist einer von ihnen. Der 26-Jährige befindet sich in der Endphase seines Medizinstudiums und engagiert sich bei den „Demosanitätern Südwest“, einem selbst organisierten Netzwerk von Rettungssanitäter*innen, das sich vorgenommen hat, bei Demos zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Das heiße, „zu helfen, wenn es knallt und die erste Reihe zu Boden geht“, sagt Kratzsch. Seine Arbeit unterscheide sich kaum von jener der regulären Rettungskräfte, doch sein Motiv ist politisch: Es gehe darum, das Demonstrationsrecht von Menschen zu schützen.

„Bei Demonstrationen entstehen oft rechtsfreie Räume“, sagt Kratzsch. Im Falle von Polizeikesseln etwa seien Demo­sanitäter*innen oft die Einzigen, die in die Kessel gelassen würden.

Gleichwohl ist das Verhältnis zur Polizei kompliziert: Nicht von allen Beamt*innen ­würden sie ernst genommen. Für Demo­sanitäter*innen gelte die Devise: „Mit der Polizei so reden, dass man den Menschen helfen kann.“ Als „Garanten für Sicherheit“ seien sie auch dafür da, der Polizeihoheit bei Demonstrationen entgegenzuwirken. Er und seine Mitstreiter*innen dokumentieren auch Übergriffe der Polizei – würden verletzte Polizist*innen aber selbstverständlich versorgen.

Wie andere Rettungskräfte auch leisten Demo-Sanis medizinische Hilfe – von der Erstversorgung bis zur Reanimierung. Oft behandeln sie die Auswirkungen von Pfefferspray, Verletzungen, die von Schlägen verursacht wurden, oder betreuen Traumatisierte. Wenn die Situation ihre Kompetenzen übersteige, sorgten sie für den schnellstmöglichen Zugang zu regulären Rettungskräften oder Notärzt*innen.

Kratzsch war zum ersten Mal 2015 während der Blockupy-Proteste in Frankfurt am Main als Demo-Sanitäter tätig. Er demonstrierte hier auch selbst gegen die europäische Austeritätspolitik. Trotz des politischen Anspruchs trennt er seinen medizinischen Einsatz von seiner Rolle als Aktivist: Wenn er aber als Demosanitäter unterwegs ist, hält er sich im Hintergrund, beobachtet und versteht sich nicht als Teil der Demons­tration. Volkan Ağar

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen