: Stolpersteine im Kleingedruckten
ROAMING Seit Mitte Juni fallen keine Extragebühren für die Handynutzung im EU-Ausland mehr an
Zunächst die gute Meldung: Seit Mitte Juni fallen keine Extragebühren für die Handynutzung im EU-Ausland mehr an. Der Wegfall der sogenannten Roaminggebühren gilt für die Länder der Europäischen Union und darüber hinaus auch für Island, Norwegen und Liechtenstein.
Für die Verbraucherschützer ist das ein großer Erfolg, haben sie doch zehn Jahre lang für eine entsprechende Regelung gekämpft: „Roaminggebühren sind nicht mehr zeitgemäß. Verbraucher hatten bisher viel höhere Kosten als den Anbietern tatsächlich entstanden. Damit ist endlich Schluss“, sagt Lina Ehrig, Leiterin Team Digitales und Medien der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
Der Teufel steckt allerdings im Detail, und Verbraucherschützer warnen vor möglichen Sonderregelungen und Missverständnissen. So werden zum Beispiel Handyanrufe aus dem In- ins Ausland nicht automatisch günstiger. Wer zum Beispiel von Deutschland aus mit dem Hotel in Spanien, das er gebucht hat, verhandeln will, zahlt in der Regel weiterhin deutlich mehr als bei einem Inlandsgespräch. Weil Telefonate ins Ausland nicht unter die Neuregelung fallen, könne das im konkreten Fall durchaus zwei Euro die Minute kosten, so Isabelle Buscke, die den vzbv in Brüssel vertritt. Man sollte darum generell die Bestimmungen seines Handyvertrags gut kennen. „Die Verbraucher müssen weiter in das Kleingedruckte schauen“, sagt Buscke.
Zudem gibt es zwei weitere Einschränkungen: Zum einen haben Internetanbieter die Möglichkeit, das Datenlimit für die Internetnutzung im Ausland zu begrenzen. Dies dürfte vor allem bei günstigen Tarifen mit hohem Datenvolumen angewendet werden. Damit will die EU den hohen festgelegten Roaming-Großhandelspreisen Rechnung tragen, die die Anbieter derzeit noch bezahlen müssen. So soll verhindert werden, dass die Endkundenpreise für die Anbieter nicht wirtschaftlich sind. Der Großhandelspreis soll aber schrittweise sinken – von derzeit 7,7 Euro pro Gigabyte (GB) bis zum Jahr 2022 auf 2,50 Euro je GB. Laut Verbraucherzentrale Bundesverband hätten solche Datenlimits vermieden werden können, wenn die EU von Anfang an niedrigere Obergrenzen für Roaming-Großhandelspreise festgesetzt hätte, wie es beispielsweise der vzbv gefordert hatte.
Zum anderen wurde auch eine Fair-Use-Regelung verabschiedet. Sie soll verhindern, dass Verbraucher in einem Land leben, aber einen günstigeren Vertrag eines anderen EU-Landes dauerhaft nutzen. Dazu erhalten die Mobilfunkanbieter das Recht, ihre Kunden über vier Monate lang zu beobachten. Sollten sie in dieser Frist mehr Zeit im EU-Ausland verbringen und in dieser Zeit mehr telefonieren, SMS schreiben oder surfen als im heimatlichen nationalen Netz, können nach 14-tägiger Warnfrist extra Gebühren auferlegt werden (maximal 3,2 Cent pro Minute des Anrufs und 1 Cent pro SMS).
Doch trotz aller Einschränkungen und Stolpersteine im Kleingedruckten nennt vzbv-Expertin Buscke die Neuregelung einen „Meilenstein für die Verbraucher“. OS
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