piwik no script img

Nachwuchsstrategien im FußballKräftiger Aufsteiger

Diego Demme ist in der dritten Liga zum Verein RB Leipzig gestoßen. Nun darf er mit der Nationalelf nach Russland zum Confed Cup reisen.

Diego Demme (unten) – vom Erfolg schier erdrückt Foto: dpa

LEIPIZG taz | Die Geschichte hätte perfekt werden können. Doch Diego Demme schmorte beim Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Dänemark am Dienstag 90 Minuten auf der Bank. Ein Gefühl, das der Stammspieler von RB Leipzig nicht kennt. Auf dem Feld wäre er auf seinen dänischen Teamkollegen Yussuf Poulsen getroffen, doch Trainer Joachim Löw wollte es anders.

Dennoch: Alleine Demmes Berufung für den Kader des Confed Cup, was als Generalprobe für die WM gilt, ist die Krönung einer persönlichen Entwicklung, die die sportliche Leitung des Vereins gerne als beispielhaft für den Verein beschreibt. Von Paderborn in die Cham­pions League. Von der dritten Liga zum Vizemeister. Vom Nobody zum Nationalspieler. Und das alles in nur dreieinhalb Jahren.

Der 25-jährige Demme kam im Januar 2014 zum damaligen Drittligisten Leipzig. Demme war im defensiven Mittelfeld meistens gesetzt. Nur am Anfang unter Trainer Ralf Rangnick, vor knapp zwei Jahren, war er für kurze Zeit kein Stammspieler. „Es ist beeindruckend, wie er sich weiterentwickelt hat und nie aufhört, die manchmal auch unliebsame Arbeit zu leisten. Mit seiner Leidenschaft und seiner Laufstärke ist er prädestiniert für unseren Spielstil“, lobt der heutige Trainer Ralph Hasenhüttl. „Diego Demme ist ein Paradebeispiel für die Entwicklung, die bei uns stattfinden kann“, meint auch Rangnick, der mittlerweile Sportdirektor ist.

Demme steht exemplarisch für die Transferpolitik von RB: weniger bekannte oder sogar gänzlich unbekannte Talente aufspüren, die nicht älter als 23 sind, und diese dann zu Stars entwickeln. Von dieser Maxime wollen Rangnick und Co auch in dieser Transferperiode nicht abweichen, auch wenn die kommende Aufgabe Champions League heißt. Der Unterschied: Demme soll damals einen niedrigen sechsstelligen Betrag gekostet haben, mittlerweile zahlt RB Leipzig Millionen für neue Spieler.

Geschichte eines Aufstiegs

32 Mal stand Demme in der abgelaufenen Saison auf dem Feld, spielte sich dabei ins Blickfeld von Löw. Der nahm ihn als Perspektivspieler in den Kader auf. „Ein kleiner Gennaro Gattuso. Einer, der giftig in die Zweikämpfe geht, physisch stark ist, der die Räume gut verteidigt“, sagte Löw bei der Bekanntgabe des Kaders.

Die taz im Neuland

Im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ der taz erscheint jeden Freitag statt der Neuland-Seite eine eigene Seite für Leipzig, die taz.leipzig: geplant, produziert und geschrieben von jungen Journalist*innen vor Ort.

Sie haben Anregungen, Kritik oder Wünsche an die Zukunftswerkstatt der taz? Schreiben Sie an: neuland@taz.de. Das Team der taz.leipzig erreichen sie unter leipzig@taz.de

Ähnlich wie das Mailänder Raubein steht Demme nicht für die schönen Seiten des Spiels. Vielmehr ist sind seine Aufgaben das Balljagen, gegnerische Angriffe abfangen, bevor sie gefährlich werden, und die eigene Spielzüge einleiten. Dabei erlaubt er sich wenig Fehler und agiert erstaunlich ruhig. Schließlich ist es für ihn, wie für seinen Verein, die erste Saison in der ersten Liga gewesen.

Das 1,70 m kleine Kraftpaket ist bei öffentlichen Auftritten eher zurückhaltend. Große Töne spuckt Demme nicht gerne: „Die letzten drei Jahre sind perfekt für mich verlaufen, wie im Traum. Dass ich jetzt nominiert wurde, spiegelt auch unsere Saison wieder. Ohne die Mannschaftsleistung wäre ich nicht so in den Fokus gekommen.“

Demme will die Atmosphäre in der Nationalmannschaft aufsaugen, im Training möglichst viel lernen. Immerhin steht für ihn bei RB in der nächsten Saison Champions League auf dem Programm. Schön wäre da natürlich noch ein Einsatz im DFB-Trikot. Die nächste Chance hat Demme bereits am Samstag beim WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino. Es wäre der nächste Meilenstein einer schier unheimlichen Entwicklung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!