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Pop und Terror in ManchesterAnfang und Ende der Kultur

Das Anschlagsziel in Manchester ist auch symbolisch. Kaum etwas steht so sehr für Freiheit wie der Pop.

Singender Liam Gallagher: Pop ist Freiheit – daran wird auch der Terror nichts ändern Foto: ap

Die Fotos sind vielsagend. Ein humpelndes Mädchen mit modisch löchrigen Bluejeans wird von Rettungskräften aus dem Gebäude geführt. Ein Bein ihrer Jeans abgeschnitten, die Wunde am Knie musste verbunden werden. Am Oberarm Blut. Dann das junge Mädchen, vielleicht 14, mit den Häschenohren auf dem Kopf. Es ist eines der Insignien, mit denen die Sängerin spielt, deren Konzert sie besucht haben: Ariana Grande, US-Popsängerin und Teen-Idol.

Kreischende Teenies, das war mal der Ausgangspunkt von Pop, zum Beispiel mit der Beatlemania. Kreischende Teenies, Heranwachsende, die in Panik und Todesangst aus Konzertsälen rennen, das soll nach dem Willen der Terroristen auch der Endpunkt der Popkultur sein.

Wer jemals auf einem Teenie-Konzert gewesen ist mit seinem schier unglaublichen Energielevel, dem Kreischen, wenn die Stars die Bühne betreten, der großen Zuneigung, die ihnen aus dem Publikum von den Mädchen und Jungen entgegengebracht wird, während sie singen und tanzen – der fühlt mit den Menschen in Manchester, die gestern Abend kurz nach Ende des Konzerts von einem Selbstmordattentäter getötet oder verletzt wurden.

In der Logik des Terrors ergibt ein solcher Anschlagsort brutalen Sinn. Nichts ist den Attentätern und dem Totalitarismus, den sie vertreten, ein größerer Dorn im Auge als westliche Pop- und Unterhaltungskultur: Junge Menschen, die ihre Identität anhand von Rollenbildern suchen. Die Konflikte symbolisch austragen. Die sich irren, sich ändern, sich ausprobieren dürfen. Nach dem Bataclan in Paris, nach Orlando, nach Nizza und Berlin handelt es sich auch bei der Manchester Arena und dem Teenpop-Konzert um ein hochsymbolisches Ziel. Dass IS-Anhänger den Anschlag in sozialen Netzwerken feierten, ehe Klarheit über die Täter herrschte, ist kein Wunder.

Und auch Manchester, Heimat von Bands wie New Order, The Smiths, den Buzzcocks und Oasis, ist ein symbolträchtiger Ort. Wer jemals in Manchester gewesen ist, weiß, wie wichtig Pop den Mancunians ist. Pop hat dort eine mehr als 70-jährige Tradition, Konzerte und Künstler werden dort wie Feiertage und Aristokraten gefeiert. Liam Gallagher, ehemals Oasis-Sänger, schrieb in den sozialen Netzwerken: „Total schockiert und absolut am Boden zerstört wegen der Ereignisse in Manchester. Sende Liebe und Licht an alle betroffenen Familien.“

Pop ist Manchesters Wahrzeichen

Die Briten sind generell treue Popfans, Popkultur ist in England Volkskultur. In Manchester ist Pop elementar. Stadt und Umland sind nicht besonders pittoresk, die Ruinen der alten Industriestadt, Eisenbahnviadukte und stillgelegte Fabrikhallen kennzeichnen noch immer das Stadtbild, genau wie Bombenkrater, verursacht durch Hitlers Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg.

Orte der Popkultur dagegen, wie jene Stelle, an der einst der Club „Hacienda“ lag, gelten heute als Wahrzeichen.

Denn Musik und Konzerte garantieren den BewohnerInnen Manchesters auch eine Atempause von der Geschäftigkeit, dem Arbeitsethos, dem bescheidenen Wohlstand. Für Teenies sind sie noch mehr: Orte der Sinnsuche, der sexuellen Annäherung und Selbstwahrnehmung, des Flüggewerdens. Orte freiheitlicher Kultur.

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3 Kommentare

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  • Auf dem Bild sieht man Richard Ashcroft, nicht Liam Gallagher.

     

    Bitte gebt euch mehr Mühe.

    • @Mojo:

      Korrigieren wir, danke!

  • Na ja - man könnte ebensogut auch sagen: „Kaum etwas steht so sehr für Kommerz wie der Pop.“ Popkultur ist eines der wenigen exportfähigen Produkte der Insel. Dass Pop für Freiheit steht, würde ich jedenfalls so nicht unterschreiben wollen und dass die Freiheit jetzt bedroht wäre, weil geistig arme kriminelle Kreaturen nun auch vor Popkonzerten nicht mehr halt machen, schon gar nicht. Schlimm ist diese eklatante Missachtung der körperlichen Unversehrtheit und die hat sich doch schon weit vor diesen Selbstmordanschlägen vielfach etabliert, ohne dass vom Ende der Freiheit gesprochen wurde - im Gegenteil fand dies nicht selten ja im Namen und im Rahmen „der Freiheit“ statt.