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Der Brand in Bernau stinkt gehörig

Zwei Wochen nach dem Brand des Müll-Lagers in Bernau stellt das Umweltamt Strafanzeige. Die Betreiber sollen zu viel angehäuften Müll abfahren. Schon vorher blieben sie dem Land Geld schuldig

VON ALEXANDRA MÜLLER

Die Recyclinganlage in Bernau steht still. Das Landesumweltamt verschloss gestern die Eingänge der vor zwei Wochen in Brand geratenen Anlage. Müllfahrzeuge dürfen nicht mehr auf das Gelände fahren. Außerdem stellte die Umweltbehörde Strafanzeige gegen den Betreiber Geab (Gesellschaft für Abfallverwertung und Bodensanierung) wegen illegalen Anlagenbetriebes.

„Wir wollen die Betreiber durch diese Zwangmaßnahme auf den Pfad der Tugend zurückbringen. Sie sollen endlich den zu viel gelagerten Müll abbauen“, sagte Jens-Uwe Schade, Sprecher des brandenburgischen Umweltministeriums, gestern. Schon bei Kontrollen im Frühjahr stellte das Landesumweltamt 117.000 Tonnen Gewerbe- und Haushaltsabfälle fest. Genehmigt war weniger als die Hälfte, nämlich 45.600 Tonnen.

Daraufhin forderte die Behörde die Geab auf, den Müll zu reduzieren, sonst drohe die Stilllegung. Die Firma legte Widerspruch ein. Der wurde am 26. August vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) abgelehnt. Am 9. September verlangte das Umweltamt Strafgelder für den unerlaubt gelagerten Müll. Einen Tag später brannte es in Bernau.

Gerüchte von „heißer Entsorgung“ und Müllmafia kursierten. Doch weder das Landesumweltamt noch die Polizei äußern sich dazu offiziell. Fest steht: Die Brandursache ist immer noch nicht geklärt, weder Selbstentzündung noch Brandstiftung werden ausgeschlossen.

Der Druck, den das Landesumweltamt mit der Stilllegung machte, kommt vielleicht zu spät. Denn die Sicherheitsleistungen in Höhe von rund 20 Millionen Euro, zu denen die Geab wie jedes Recycling-Unternehmen verpflichtet war, zahlte das Unternehmen nicht. Dies wäre aber für das Land Brandenburg eine Art Pfand gewesen, damit im Fall einer Insolvenz die Entsorgung der Müllberge nicht am Steuerzahler hängen bleibt.

„Wir wollten die große Keule nicht rausholen, weil wir an die 60 Arbeitsplätze bei der Geab dachten“, versucht Schade die Nachlässigkeit zu erklären. Er muss zugeben: „Im Falle eines Falles ist der Steuerzahler dran.“ Deshalb fordert er die Firma auf, neue Vertragspartner zu finden, die den zu viel gelagerten Müll abnehmen könnten.

Bisher reagierte die Geab nicht auf Anfragen. Gestern jedoch gab Ralf Lemke von der Geschäftsführung zu: „Ja, wir haben einen Überbestand an Müll.“ Schuld daran sei die neue Abfallverordnung vom 1. Juni, nach der Gewerbe- und Haushaltsabfälle in einem Recyclinghof oder einer Müllverbrennungsanlage verwertet werden müssen – sie dürfen also nicht mehr unbehandelt auf Deponien gekippt werden. „Wir konnten die Schlangen an Lkws nicht abweisen. Die stauten sich so, dass es den Anwohnern stank“, sagte Lemke.

Das Problem ist, dass die per Juni-Anordnung geforderten Aufbereitungsanlagen schlichtweg fehlen, in Brandenburg beispielsweise für rund 150.000 Tonnen Müll. Dadurch entstanden Zwischenlager, deren Entsorgung nicht in Sicht ist. „Diese zum Teil illegalen Lager gefährden die Anwohner. Das hat der Brand von Bernau gezeigt“, betont Andreas Jarfe, Geschäftsführer des BUND Berlin. Sein Kollege in Brandenburg, Burkhard Voß, kritisiert: „Im Fall Bernau hätten die Behörden viel früher reagieren müssen.“

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