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Kommentar von Wolfgang Gast zur Geheimdienstaffäre des US-PräsidentenDas Risiko im Weißen Haus

Partner der USA werden sensible Erkenntnisse jetzt wohl eher für sich behalten

Es gibt in der Welt der Geheimdienste kaum ein größeres Vergehen, als hochrangige Quellen eines eng befreundeten Partnerdienstes zu gefährden. Wenn die Berichterstattung der Washington Post zutrifft, dann hat US-Präsident Donald Trump genau das getan.

Trump soll der Zeitung zufolge bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow und dem russischen Botschafter in den USA, Sergei Kisljak, Details zu einer IS-Terrorgefahr durch Laptopcomputer in Flugzeugen weitergegeben haben. Genauer: Informationen über eine „Quelle“ nahe der Führungsspitze des sogenannten Islamischen Staats, die die US-Behörden aus Gründen der Sensibilität nicht einmal an ihre engsten Verbündeten wie etwa Großbritannien weitergereicht haben.

Unter befreundeten Nachrichtendiensten ist es gängige Praxis, Informationen über Gefährdungslagen auszutauschen. Dabei wird allerdings peinlich darauf geachtet, die Herkunft dieser Informationen zu verschleiern. Man stelle sich vor: Jahrelang hat ein Dienst im Nahen Osten gebraucht, einen Spitzel im Führungszirkel des IS zu platzieren. Einen, der über die Strategien und militärischen Optionen der Dschihadisten Auskunft gibt. Trump soll beim Tête-à-Tête mit seinen russischen Gästen mit der Qualität der geheimen Erkenntnisse geprahlt haben. Wenn dann noch stimmt, dass Trump auch noch den Ort genannt hat, aus dem der Informant berichtet, dann schwebt der in Lebensgefahr. Im Geheimdienstsprech: Die Quelle ist verbrannt.

Dass der US-Präsident gestern twitterte, er habe ein „absolutes Recht“ dazu, „Fakten betreffend Terrorismus und Airline-Flugsicherheit“ zu teilen –, macht die Sache kein bisschen besser. Das Vertrauen in die Seriosität amerikanischer Geheimdienste dürfte bei den Partnern gehörig erschüttert sein, sie werden sensible Erkenntnisse wohl jetzt für sich behalten.

Vergangene Woche entließ der Präsident FBI-Chef James B. Comey, dessen Behörde untersucht, ob Trumps Entourage im zurückliegenden Wahlkampf illegal mit russischen Vertretern, darunter Botschafter Kisljak, gekungelt hat. Einen Tag danach trifft sich Trump mit Lawrow und Kisljak und plaudert über Hochgeheimes. Ob Zufall oder nicht – dieser Präsident wird immer mehr zum Risiko für den mächtigsten Geheimdienst der Welt.

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