Land und Musikschulen streiten sich beim Rechnen

Arbeit R2G will mehr Festanstellungen an Musikschulen. Betroffene kritisieren Kalkulation

LehrerInnen an Berliner Musikschulen klagen seit Langem über prekäre Arbeitsbedingungen. Bundesweit steht Berlin mit der niedrigste Quote an fest angestellten MusikschullehrerInnen schlecht da, 95 Prozent des Unterrichts wird von Honorarkräften geleistet, nur 5 Prozent sind fest angestellt. Im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt von 60 Prozent Grund genug, die Finanzierung zu überdenken.

Der rot-rot-grüne Senat hat darauf reagiert und im Koalitionsvertrag ein Ziel von 20 Prozent Festanstellungen festgeschrieben, laut Senatsverwaltung für Finanzen 102 Vollzeitstellen.

Eine Zahl, die bei Weitem nicht reicht, meint Clara Herrmann (Grüne), Kulturstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg. Sie stellt die Berechnung der Arbeitsgemeinschaft der MusikschulleiterInnen entgegen. Daraus ergeben sich 184 Vollzeitstellen. Grund für dieses Missverhältnis sind offenbar unterschiedliche Bedarfsvorstellungen. Die Senatsverwaltung für Finanzen berechne nur die Stellen für MusiklehrerInnen, Stellen für Verwaltungstätigkeiten fielen hinten runter, glaubt die Stadträtin. Außerdem kalkuliere der Finanzsenat offenbar mit Zahlen, der die durchschnittlichen Kosten einer Musikstunde zugrunde lägen. Diese Rechnung ignoriert laut Herrmann jedoch zwei Dinge: die Zahl der bereits vorhandenen Vollzeitstellen einer Schule sowie die Tatsache, dass die Kosten einer Stunde Musikunterricht von Bezirk zu Bezirk variieren. Von diesem System profitierten dann vor allem Schulen, die besonders günstig seien, „und günstig ist man, wenn man vor allem mit Honorarverträgen arbeitet“, erklärt Herrmann.

Sollte das 20-Prozent-Ziel dennoch mit den aktuellen Kalkulationen des Finanzsenats durchgehen, würde das mithin einen gegenteiligen Effekt haben und große Probleme bedeuten: „Wenn wir das so umsetzen, müsste unsere Schule ihr Programm drastisch kürzen“, sagt Herrmann. „Dramatisch weit“ sei man bei einigen Schulen mit der 102-Stellen-Kalkulation vom jetzigen Standard entfernt.

Am heutigen Mittwoch will die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg das Thema erneut diskutieren. Anne Pollmann