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Bürgerbewegung „Pulse of Europe“Die Pro-Europäer machen weiter

Die Organisatoren der Kundgebungen haben sich beraten: Pulse of Europe soll größer werden und zugleich Abstand zu Parteien wahren.

Trotz Aprilwetter gut besucht: die Berliner Pulse-of-Europe-Kundgebung am Sonntag Foto: dpa

Berlin taz | „Einen französischen Präsidenten, der sich zur EU bekennt“ wünscht sich der Redner bei der Pulse-of-Europe-Kundgebung am Sonntag auf dem Berliner Gendarmenmarkt. Erwähnt er die Namen der rechten und linken KandidatInnen Marine Le Pen und Jean-Luc Mélenchon, buhen die DemonstrantInnen.

Auch in den anderen Städten, in denen am Nachmittag BürgerInnen für Europa auf die Straße gingen, stand Frankreich im Mittelpunkt. Und auch nach der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen am 7. Mai soll Pulse of Europe (PoE) weiter demonstrieren. Das haben die Organisatoren bei ihrem Strategietreffen tags zuvor in Frankfurt beschlossen. Außerdem wollen sie die Bürgerbewegung in weiteren Staaten der EU verbreiten.

Die sonntäglichen Kundgebungen finden bislang in gut 100 Städten statt. Wöchentlich kommen einige dazu, der Schwerpunkt liegt in Deutschland. Veranstaltungen gibt es in 15 weiteren Ländern, darunter Frankreich, Großbritannien, Polen, den Niederlanden, Belgien, Schweden und die Ukraine.

Als die Kundgebungen im Januar in Frankfurt begannen, wollte man zunächst nur Einfluss auf die bevorstehenden Wahlen in den Niederlanden und Frankreich nehmen. Dann aber verbreitete sich die Idee rasch. Deshalb will man die Bewegung nun zu etwas Größerem machen.

„Bisher sind wir noch keine europaweite Bewegung“, sagte Alexander Knigge, einer der Berliner Organisatoren. Das soll sich ändern. Zu dem Treffen in Frankfurt waren Vertreter aus Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und Österreich angereist. Die gemeinsame Sprache war Deutsch. Zu einem guten Teil diente die Versammlung erst einmal dem Zweck, dass sich die Akteure aus den verschiedenen Städten persönlich kennenlernen.

Abstand zu den Parteien

Inzwischen ist in Frankfurt eine Geschäftsstelle mit zwei bezahlten Mitarbeitern eingerichtet. Die gesamte Finanzierung, auch der Kundgebungen, stamme nach wie vor aus „Einzelspenden“, heißt es. Von Parteien und anderen politischen Interessen will man sich fernhalten, um nicht etablierten Organisationen zur Beute zu werden. Weil man die Gruppen in den Städten nicht überfordern möchte, sollen die Kundgebungen ab Ende Mai oder Anfang Juni nicht mehr jede Woche abgehalten werden, sondern nur noch an jedem ersten Sonntag im Monat.

Eine inhaltliche Fokussierungwäre schädlich, meint Organisator Alexander Knigge

Konkrete Forderungen wurden beim Treffen nicht beschlossen. Bisher basiert PoE auf dem breiten Konsens, die Einheit Europas gegen rechte Parteien und neuen Nationalismus zu verteidigen. Man ist sich einig, für ein demokratisches, gerechtes und freiheitliches Europa einzutreten, das die Menschenrechte gewährleistet.

„Für eine inhaltliche Fokussierung ist es zu früh“, berichtet Knigge, „sie wäre auch schädlich. Als Bewegung sollten wir uns nicht für einzelne, spezielle Ziele einsetzen.“ Die Organisatoren meinen, dass die Versammlungen noch zu jung sind, um sie auf konkrete Forderungen einzuschwören. Sie fürchten, dass dann Leute wegbleiben, die jetzt mitdemonstrieren. Außerdem will man flexibel bleiben, um auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können.

Konsens war beim Treffen in Frankfurt offenbar auch, dass aus Pulse of Europe auf keinen Fall eine Partei werden soll. „Wir sind eine Bürgerbewegung – und bleiben eine“, sagte Knigge. Unter anderem die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot hat PoE empfohlen, konkrete Forderungen zu formulieren. Geschehe das nicht, werde der Schwung der neuen Bewegung bald erlahmen.

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