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Die taz im Ohr

HÖRZEITUNG Die taz gibt es auch für Blinde, einmal die Woche. Ein Modedesigner liest die interessantesten Texte vor

VON LUISE STROTHMANN

Aus der taz eine Wochenzeitung zu machen ist ein 35-Stunden-Job. Und Wolf-Dieter Reppert macht ihn, unbezahlt. Reppert ist 68 Jahre alt und wohnt in Kremperheide, einem Dorf in der Nähe von Itzehoe in Schleswig-Holstein. Bis vor fünf Jahren entwarf er Mode, dann kam der Ruhestand – „und das Bedürfnis, irgendetwas Sinnvolles zu tun“, sagt er. Eine Ehrenamtsbörse suchte gerade jemanden, der für Blinde und Sehbehinderte Texte aus einer Regionalzeitung einliest. So wurde Reppert mit 63 Jahren Sprecher.

Heute, fünf Jahre später, ist er Redakteur. Seine Zeitung, die Wochenzeitung taz, wird jeden Dienstag per Post ausgeliefert. Dreieinhalb Stunden Material, vierzig Texte auf einer CD. 56 blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland haben die Hörversion der taz über die „Aktion Tonbandzeitung“ abboniert – Jahrespreis: 48 Euro. „Ich bin irgendwann einfach zur taz gegangen und habe gefragt: Darf ich euch auflesen?“ sagt Reppert. Kurze Zeit später, 2007, erschien die erste Hör-taz.

Seitdem liest Reppert jeden längeren Text, der in der taz erscheint. Er bekommt die Zeitung im Digital-Abo. Artikel, die er interessant findet, kopiert er in einen Ordner und verschickt sie per Mail. Außer ihm lesen vier Menschen aus Saarbrücken, Essen, Duisburg und Elmshorn ehrenamtlich Texte ein. Ein Radiosprecher im Studio, eine Rentnerin zu Hause. Was in der Zeitungsspalte in die Spanne zwischen Daumen und Zeigefinger passt, ist auf der CD eine Minute.

„Vor allem muss der Hörer merken, ob man den Text kapiert hat“, sagt Reppert. „Die Nachrichten kennen sie schon aus dem Radio, was sie wollen, ist der taz-Blick.“ Und einfach mitreden können. Reppert hat schnell gelernt, nicht nach „angeblichen Blinden-Themen“ zu suchen. Auch eine gute Ausstellungsbesprechung kommt auf die CD, „und Karikaturen kann man beschreiben“.

Aus den einzelnen Aufnahmen macht Wolf-Dieter Reppert dann die Hörzeitung. Mit einem speziellen Programm und Abspielgerät kann die CD so zusammengestellt werden, dass man wie in Computer-Ordnern in ihr blättern kann. Eine Ansage sagt „sonntaz“ und der Hörer entscheidet sich: Reinblättern, also den Knopf „Eine Ebene nach unten“ drücken und zu den Artikeln kommen – oder gleich weiter zur Wahrheit-Seite.

Reppert kennt seine Abonnenten, manche schreiben ihm. „Sie sind überdurchschnittlich gebildet, verbringen viel Zeit mit Medien – die soziale Struktur der Hörer ist ähnlich wie die der Zeitungsleser.“ Auch auf seine Kollegen träfe das zu: Quereinsteiger, viel Idealismus – wie bei der Print-taz. Nur die erste große Abo-Kampagne fehlt noch.

www.atz-blinde.de

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