Wohnungen in Berlin-Kreuzberg: Privater Investor abgetaucht
Das Symbol Kreuzbergs stand vor dem Verkauf an einen privaten Bieter. Der Deal könnte scheitern und eine Wohnungsbaugesellschaft profitieren.
An wen der Gebäudekomplex mit 295 Wohnungen und 90 Gewerbeflächen veräußert wird, wurde damit noch nicht entschieden. Die Chancen allerdings, dass der Sozialwohnungskomplex nicht an einen privaten Investor verkauft wird, sind groß. Stattdessen könnte wohl die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag den Zuschlag erhalten.
Für die etwa 1.000 überwiegend einkommensschwachen Mieter des Zentrums Kreuzberg wäre das womöglich die Rettung. Bis Donnerstag müssen sie jedoch noch zittern. Dann läuft die Frist für die Unterzeichnung eines Kaufvertrages für den privaten Bieter Juwelus ab.
Bis zum Dienstag hatte Juwelus den Gesellschaftern keinen Nachweis vorgelegt, dass sie die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft des Zentrums Kreuzberg bei der Investitionsbank Berlin-Brandenburg (IBB) übernehmen. Auch konnten sie nicht nachweisen, über die 17,5 Millionen Euro der gebotenen Kaufsumme zu verfügen, die über den Gesamtschulden von 40 Millionen Euro liegen.
Investoren unbekannt
Nachdem Anfang des Jahres die Mehrheit der etwa 360 Kommanditisten schriftlich für einen Verkauf votiert hatte, war Juwelus Mitte März als Sieger eines Bieterverfahrens hervorgegangen. 57,5 Millionen hatte das erst unmittelbar zuvor gegründete Unternehmen mit einem Stammkapital von 25.000 Euro geboten. Dabei sind die Finanziers bis heute unbekannt. Genannt wurden sowohl US-amerikanische, als auch israelische Investoren, zuletzt ein reicher Inder. Womöglich aber hat Juwelus das Geld nicht zusammen.
Zum Zuge kommen würde dann die Gewobag, die mit einem Gebot von 56,5 Millionen Euro als zweiter aus dem Bieterverfahren hervorgegangen war. Auf Anfrage der taz teilte die Wohnungsbaugesellschaft mit, Interesse daran zu haben, das Haus „zu erwerben“. Bis zum Abschluss des Verfahrens wolle man sich aber nicht äußern. In der Warteschleife steht noch ein dritter Bieter, der ebenfalls private Investor Gijora Padovicz.
Sollte die Gewobag das Rennen machen, wären auch alle Überlegungen zur Nutzung eines bezirklichen Vorkaufsrechts obsolet. Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) hatte sich zuletzt vehement dafür ausgesprochen, diese Option nutzen zu wollen, sollte das Zentrum Kreuzberg an einen Privatinvestor verkauft werden. Der Bezirk könnte dann, z.B. für die Gewobag, das Haus zum Verkehrswert erwerben. Diese Option ist jedoch mit rechtlichen Schwierigkeiten verbunden.
Staat als wahrer Eigentümer
Für Ryan Harty und Marie Schubenz, die als VertreterInnen des Mieterbeirats an der Gesellschafterversammlung teilnehmen konnten, bleiben viele Fragen unbeantwortet. Sie hatten die Gesellschafter aufgefordert, das Zentrum Kreuzberg direkt an den „wirtschaftlichen Eigentümer“, also die öffentliche Hand zu übertragen. Sollte Juwelus nun zurückziehen, wäre das „nichts als Glück“, so Harty.
Nach Ansicht der Mieter gehört das Haus längst in staatliche Hand. Seit dem Bau 1974 hat die Kommanditgesellschaft 25 Millionen Euro Schulden aus Aufwendungsdarlehen, die vom Staat damals tilgungs- und zinsfrei gewährt wurden. 2014, nach 30 Jahren, lief diese Frist ab, doch die IBB hatte sie stillschweigend verlängert. Ab Juli jedoch hätten die Schulden bedient werden müssen – für die Gesellschafter der Grund, den Verkauf anzustreben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!