: Eine Übung in Geschlossenheit
BRECHMITTEL Die zuletzt tief zerstrittene Bremer CDU bestätigt mit großer Mehrheit Thomas Röwekamp als Fraktionschef. Damit hat er die innerparteiliche Auseinandersetzung erneut für sich entschieden
Dass Thomas Röwekamp an diesem Montag als Bremer CDU-Fraktionsvorsitzender wieder gewählt werden würde – daran gezweifelte hat zuletzt niemand mehr. Die Frage war nur: mit welcher Mehrheit? Am Ende bekam Röwekamp 17 von 19 abgegebenen Stimmen. Als Fraktions-Vize wurden Heiko Strohmann mit 17 und Silvia Neumeyer mit 16 Stimmen gewählt.
Das Wahlergebnis ist eine Zeichen demonstrativer Geschlossenheit. Doch in den vergangenen Monaten war die Partei tief zerstritten und versank im Chaos: Bei der letzten Bürgerschaftswahl kam die CDU mit 20 Prozent der Stimmen nur noch auf Platz drei hinter den Grünen – ihr schlechtestes Ergebnis seit Jahrzehnten. Röwekamp trat daraufhin als Parteichef zurück, in der folgenden Mitgliederbefragung unterlag er – die Basis sprach sich klar für Rita Mohr-Lüllmann als Landesvorsitzende aus, während Röwekamp in den Parteigremien sowie in der 20-köpfigen Fraktion weiterhin die Mehrheit hatte. Die Bremer CDU zerfiel daraufhin in zwei Lager, die sich programmatisch in nichts unterschieden. Mohr-Lüllmann trat schließlich zurück, ihr Nachfolger wurde Jörg Kastendiek, ein enger Weggefährte Röwekamps.
Der 46-Jährige, der im Parlament wie wenige durch rhetorisches Talent auffällt, war in der großen Koalition Innensenator und zuletzt auch Bürgermeister. Überregional bekannt wurde er durch sein Engagement gegen den grundlos in Guantánamo einsitzenden Murat Kurnaz sowie als „Brechmittel-Senator“: Die – höchstrichterlich als Folter eingestufte – zwangsweise Vergabe von Brechmitteln an mutmaßliche Drogendealer rechtfertigte er einst mit den Worten, „Schwerstkriminelle“ müssten „mit körperlichen Nachteilen rechnen“. Wenige Tage darauf starb Laye-Alama Condé – ein Polizeiarzt hatte ihm literweise Wasser sowie Brechmittel eingeflößt, damit er vier Kügelchen Kokain erbrach. Der Sierra-Leoner war noch während der Prozedur ins Koma gefallen. MNZ
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