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Protest gegen G-20-FinanzministertreffenKurdische Fahnen in Baden-Baden

Finanzmärkte, Klima, Waffenexporte. Das G-20-Treffen werde keines der Probleme lösen, so die Gegner. Die meisten werden sich bestätigt fühlen.

Protest am Samstag in der Innenstadt von Baden-Baden Foto: Erik Peter

Baden-Baden taz | Nach etwa 100 zurückgelegten Metern entern die Anti-G-20-Demonstranten am Samstag Baden-Badens kostbarsten Boden. Und sie tun es mit Gebrüll. Im Laufschritt reißen sie eine Wand aus Kartons, die „Festung Europa“ ein – die sie noch vom Leopoldsplatz trennte.

Der zentrale Platz der Altstadt präsentiert sich frisch asphaltiert, dabei war er vor wenigen Tagen noch eine große Baugrube – und wird es ab Montag wieder sein. 90.000 Euro ließ sich die Stadt den Schildbürgerstreich kosten, nur damit die herbeigefürchteten Linksextremen nicht mit Baumaterialien um sich werfen können.

Für viele Einheimische war die Episode der größte Aufreger rings um das Treffen der G-20-Finanzminister. Wohin man auch kam, stets raunten die Leute vom „Leo“ – inhaltliche Kritik am Treffen hatte es dagegen schwer in dem reichen Kurort, der in den vergangenen Jahren vor allem für wohlhabende Russen zum Urlaubsdomizil und Investitionsplatz wurde – ein „Sotschi Business Center“ mit seinen Immobilienaushängen im Fenster zeugt davon.

Und so kamen nur 500 Menschen zum Abschluss der zweitägigen Protestchoreografie zusammen, um ihrem Antagonismus Ausdruck zu verleihen, die meisten davon aus anderen Städten angereist. Dabei war es ein besonders symbolträchtiger Tag, dieser 18. März: Tag der Pariser Kommune und der politischen Gefangenen, zwei Jahre nach den letzten großen Blockupy-Protesten in Frankfurt am Main und ein Jahr nach dem EU-Türkei-Deal. Daran erinnerte einer von etwa einem Dutzend Sprechern auf Auftakt-, Zwischen- und Endkundgebung. Nicht, dass jemand auf die Idee kommt, inhaltlich hätte man nichts beizutragen.

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Finanzmärkte, Demokratie, Klima, Afrika, Türkei-Politik, Waffenexporte – kaum ein Thema, das nicht aufgegriffen wurde. Und alle Redner einte die Überzeugung: Das Treffen, das vis-à-vis im Kurhaus hinter massiven Polizeiabsperrungen stattfand, wird keines der Probleme lösen – im Gegenteil. Die meisten werden sich im Nachhinein bestätigt fühlen.

Mehr als die Hälfte der Teilnehmer bildete den Block des linksradikalen Bündnisses „Interventionistische Linke“ (IL), mit den seit Blockupy bekannten Ausdrucksformen, bunte Regenschirme und Sprechblasenschilder. Kurz vor Ende schwenkten plötzlich auch etwa zwei Dutzend kurdische Fahnen, darunter der syrischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ. Die Aktivisten stellten sich damit gegen das jüngst vom Bundesinnenministerium ausgesprochene Verbot, diese öffentlich zu zeigen – analog zu jenen der PKK. Die Polizei griff nicht ein, ob aus Unkenntnis der Rechtslage oder weil sie an dem friedlichen Verlauf des Aufzugs nichts ändern wollte.

Für das Baden-Badener Anti-G-20-Bündnis, getragen von Attac, IL und Linkspartei wird es direkt weitergehen. Es sei „die Grundlage für die Mobilisierung nach Hamburg im Sommer“, wie IL-Sprecher Stefan Reiner sagte. Wenn in der Hansestadt im Juli die Chefs der Finanzminister tagen, wollen sie alle mit dabei sein.

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3 Kommentare

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  • Protestieren kann ja "lustig" sein, was aber wirklich gebraucht wird sind tragfähige, nachhaltige und zukunftsfähige LÖSUNGEN. Dass ausgerechnet linksradikale Gruppen so etwas anzubieten haben ist wohl eher fraglich........

    • @Georg Dallmann:

      Hahaha, "ausgerechnet" linksradikale Gruppen bieten häufig so anständige Lösungsmöglichkeiten an, dass sie kein Mensch hören will. Der Mensch liebt halt sein Gefängnis, ist ein bißchen wie das Stockholm-Syndrom. Aber wirkliche Freiheit und ein wirklich gutes Leben für alle gibt es halt nur, wenn mensch sich auch mal traut etwas zu ändern... aber wer nichts ändern will, der braucht auch die Linksradikale nicht.

    • @Georg Dallmann:

      lieber herr dallmann, sie sind zu einem ungünstigen moment aufgewacht, bitte schlafen sie weiter - die welt ist sehr in unordnung geraten.