piwik no script img

Türkische Politiker in DeutschlandBombendrohung in Gaggenau

Eine Reaktion auf den abgesagten Auftritt des türkischen Justizmininisters? Außenminister Cavusoglu warnt vor den Folgen der Absage.

Der Saal bleibt leer Foto: dpa

Berlin/Ankara/Gaggenau dpa/rtr/afp | Das Rathaus der baden-württembergischen Stadt Gaggenau ist am Freitag nach einer Bombendrohung geräumt worden.

Am Donnerstag hatte die Stadt eine Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister aus Sicherheitsgründen untersagt. Er gehe davon aus, „dass ein direkter Zusammenhang besteht“, sagte Bürgermeister Michael Pfeiffer dem Sender n-tv. Das Rathaus sei abgesperrt, die Mitarbeiter in Sicherheit gebracht worden. Er gehe davon aus, dass die Durchsuchung durch die Polizei mehrere Stunden dauern werde. Auch Spürhunde sollen bei der Suche helfen, wie die Polizei mitteilte.

Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat Deutschland vor Konsequenzen aus der Absage der Veranstaltung gewarnt. „So kann es nicht weitergehen“, sagte Cavusoglu nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag in Ankara an die Adresse Deutschlands. „Wenn Sie mit uns arbeiten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie sich uns gegenüber zu verhalten haben.“ Die Türkei werde die Behandlung ansonsten „ohne Zögern mit allen Mitteln“ erwidern. „Dann müssen Sie an die Folgen denken.“ Welche Folgen das sein könnten, sagte er nicht.

Das türkische Volk sei einem „systematischen Druck“ durch Deutschland ausgesetzt, werde sich aber nicht einschüchtern lassen, betonte der Minister. Er forderte eine Behandlung seines Landes auf Augenhöhe. „Sie müssen uns als ebenbürtigen Partner betrachten“, sagte er. „Die Türkei untersteht Ihnen nicht. Sie sind nicht der Chef der Türkei. Sie sind nicht erste Klasse und die Türkei zweite Klasse.“

Auf die Absage seines Auftritts hatte Bozdag selber empört reagiert. Er ließ aus Protest ein Treffen mit Bundesjustizminister Heiko Maas in Karlsruhe platzen. Maas wollte mit Bozdag in Karlsruhe über den in der Türkei inhaftierten Welt-Korrespondenten Deniz Yücel sprechen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Das Schweigen der SPD ist eine absolute Schweinerei. Die Sozis machen hier stillschweigend gemeinsame Sache mit türkischen Faschos. Wenn Schulz jetzt immer noch für EU-Mitgliedschaft und Visafreiheit für Türken eintritt, dann ist die SPD unwählbar.

  • Ist jetzt ja Schnee von gestern.

    Der neu angepeilte Ort heißt: Frechen.

  • Das Beispiel zeigt, was passiert, wenn man nicht klare Kante zeigt, sondern sich wegdurckt, wie das unsere - sog. - "Regierung" stets zu tun pflegt, wenn die Luft heiß wird.

    Die Türken können Wahlkampf in der Türkei machen. Bei uns hat der türkische Wahlkampf nichts verloren und türkische - antidemokratische und antirechtsstaatliche - Propaganda auch nicht. Das ist es, was man den Türken - hochoffiziell - endlich UNMISSVERSTÄNDLICH klarmachen MUSS. Sollen sie TOBEN bis sie SCHWARZ werden! Was hat uns das zu kümmern?

    Entweder man steht zu seinen WERTEN oder man gibt sie an der Garderobe ab. Das sollte sich unsere Bundes-"Regierung" mal überlegen.

  • "Wir schaffen das!"

     

    Ein weiterer Grund für ein Ende der doppelten Staatsbürgerschaft. Klare Entscheidungen sind von allen MitbürgerInnen gefordert. Ein entwerder oder gibt es nicht! Auch gibt es keine Rückversicherung mit der Zugehörigkeit!

     

    Entweder die türkische oder aber die bundesdeutsche Staatsbürgerschaft und damit auch die Beteiligung an der Verantwortung in der Gesellschaft!

     

    Klarheit jetzt schaffen!

  • Das Niveau , insbesondere der Sprachgebrauch, der türkischen Politik war noch nie besonders hoch. Jetzt gilt es klug vorzugehen. Eine zu moderate Haltung nach dem Motto "nicht soviel Porzellan zerschlagen" ist meiner Meinung nach nicht angebracht und wäre eine ohrfeige für die anderen 50% der türkischen Bevölkerung. Finanziell muss es wehtun, das können wir doch. Mit Nichturlaub fängt es an. Eigentlich sowieso.

  • Die Türkei werde die Behandlung ansonsten „ohne Zögern mit allen Mitteln“ erwidern. „Dann müssen Sie an die Folgen denken.“ Welche Folgen das sein könnten, sagte er nicht.

     

    Ja, Herr Außenminister Mevlüt Cavusoglu, wie viele Zimmer haben Sie denn in Ihren "besonderen" Hotels noch frei? Hepsi Almanlar icin...

  • Richtig, die Türkei untersteht nicht dem deutschen Staat. Aber auch nicht umgekehrt. Jetzt ist aber mal langsam Schluss. Die Milliarden bleiben hier, die Flüchtlinge nehmen wir dafür wieder. Türkische Staatsbürger, die die Autokratie ihres Präsidenten toll finden, dürfen ihre Treue gerne am Bosporus und in Anatolien präsentieren. Dafür nehmen wir alle aus ethnischen und religiösen Gründen Verfolgten der Türkei auf. Die faschistische Türkei raus aus der Nato, Flotten drum rum und sobald da was völkerrechtswidriges passiert: mit voller Wucht rein, aufräumen, neue Regierung aus den Exilanten aufbauen, Marshal-Plan drauf und in 25 Jahren haben wir eine neue demokratische Türkei mit Wirtschaftswunder.

    • @LeSti:

      Und Sie glauben, dass das mit den vielen Deutschen Touristen in der Türkei möglich ist? Und mit den vielen türkischen Politikern wie Özdemir und Claudia Roth?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @LeSti:

      Sie wissen aber schon, wer da momentan am längeren Hebel sitzt?

      Am kürzeren sitzt jemand mit gebundenen Händen.

      Schwieriger als man galuben und denken mag...

    • @LeSti:

      Nette Fantasie - aber dass sich das, was vor über 70 Jahren für Deutschland funktioniert hat, jetzt einfach so mit der Türkei wiederholen lässt, ist doppelt utopisch:

      1.) Andere Zeiten - nämlich mehr vor dem dritten als nach dem zweiten WK und dementsprechend keine Basis für vergleichbare Wirtschaftswunder.

      2.) Andere Infrastruktur und Mentalität. Fast das gesamte Know How und Kapital der Industrie in der Türkei stammt von ausländischen Investoren - die hatten ihren Marshall-Plan quasi schon die ganze Zeit! Ohne diese Unterstützung wäre die Türkei ein Tourismus- und Agrarstaat geblieben. Wie wichtig und unverzichtbar erstere Säule immer noch ist, kann man ja schön beobachten - jetzt, wo sie wegbricht...

      • @Joel Klein:

        Endlich mal jemand mit Kenntnissen hier.

  • Oh, statt "nur" mit Geiselnahme droht dieses Verbrecherregime jetzt schon ganz offen mit Terror oder wie soll man das verstehen? Höchste Zeit, dass die Türkei aus der NATO fliegt! Jede Regierung mit einem Anstandsrest Hirn und Charakter würde spätestens jetzt knallhart Kante zeigen oder die "Zusammenarbeit" gleich komplett aufkündigen. Aber wir haben ja Merkel...