Das war die Woche in Berlin II: Rational ist voll egal
Es sind wieder Chaostage am BER: Muss Geschäftsführer Mühlenfeld nun gehen? Noch schlimmer: Grüne und Linke dürfen nichts Kritisches mehr sagen.
„Guten Tag, wir möchten mit Ihnen über den BER sprechen.“ Man fühlt sich ein bisschen wie der Vertreter einer klingelputzenden Sekte, wenn es mal wieder Neuigkeiten über den Pannenflughafen BER zu verkünden gibt. Weil’s furchtbar nervt und sich alles zu wiederholen scheint.
Am Mittwoch dieser Woche hat der Aufsichtsrat zum x-ten Mal im Krisenmodus getagt, und nach allem, was man hört (offiziell ist natürlich nichts), wollen die meisten Mitglieder – die VertreterInnen von Berlin, dem Bund und der ArbeitnehmerInnen – den amtierenden Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld schassen, weil dieser auf der Managementschule offenbar alles außer Kommunikation gelernt hat und mit seinem unausgesprochenen Rauswurf des fünften Technikchefs seit Beginn der Pannenserie 2012 die Verantwortlichen gegen sich aufgebracht hat.
Nur die Brandenburger im Aufsichtsrat halten noch an Mühlenfeld fest – mit dem eigentlich erstaunlich rational wirkenden Argument, ein erneuter Wechsel des Geschäftsführers werfe das Projekt zwangsläufig wieder zurück und auch die Eröffnung im Jahr 2018 sei damit gefährdet.
Rational ist aber offensichtlich egal, wenn viele männliche Egos im Spiel sind. Das Tohuwabohu wird also in eine neue Runde gehen, wenn am Montag – höchstwahrscheinlich – Mühlenfelds gut dotierter Kopf doch noch rollt.
Richtig bedauerlich ist, dass seit dem politischen Wechsel in Berlin an diesem ganzen Gebaren kaum noch Kritik von links kommt. Die einstmals verlässlichen Stimmen der Vernunft aus den Reihen von Grünen und Linken sind verstummt, seit ihre Parteien über Aufsichtsratsposten – den zumindest die Grünen nicht wollten – schön mit im Schlamassel stecken.
So traurig es ist: Wir müssen uns vorerst mit der Polemik der Fluglärmfans von der FDP und zunehmend auch der CDU zufriedengeben.
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