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Goldene Zeiten für VermieterInnenSie lauern schon

In Bremen steigt die Höhe, bis zu der Sozialkassen die Miete zahlen, ab März teils stark an. Gut ist das vor allem für die VermieterInnen

Wohnen ist teuer – fein raus ist nur, wer sein Eigenheim mit sich führt Foto: dpa

Bremen taz | Wer in Bremen eine kleine, preisgünstige Wohnung sucht, hat es schwer. Immer mehr VermieterInnen wollen von den BewerberInnen Arbeitsvertrag, Gehaltsnachweis, Schufa-Auskunft und Mietschuldenfreiheitsbescheinigung oder Bürgschaft sehen, sie wollen NichtraucherInnen ohne Haustiere, die ihre Wohnung möglichst nur zum Schlafen nutzen – und die außerdem solventer als solvent sind: Denn nicht nur die formalen Voraussetzungen für potenzielle MieterInnen sind in den letzten zwei Jahren gestiegen, sondern auch die Mietpreise, und zwar spürbar. Arme Menschen bleiben da auf der Strecke. Dem will die Sozialbehörde jetzt einen Riegel vorschieben.

Denn sie will, wenn die Sozialdeputation dem am 23. Februar zustimmt, ab März deutlich höhere Mietkosten für SozialleistungsempfängerInnen anerkennen. Konkret bedeutet das: Der Miet-Richtwert für Ein-Personen-Haushalte soll von 377 Euro pro Monat auf 455 Euro Bruttokaltmiete ansteigen. Das ist ein Plus von gut 20 Prozent. „Seit Jahren bekommen wir die Rückmeldung, dass es sehr schwierig ist, Ein-Personen-Wohnungen zu bekommen“, sagt Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde.

Die konkreten Grundlagen für die Entscheidung stammen aus einem „Fachgutachten zur Ermittlung von angemessenen Kosten der Unterkunft nach SGB II und XII für die Stadt Bremen“ der F+B-GmbH (Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt). Die Datengrundlage für die Erhebung von Bestandsmieten und Nebenkosten hat das Statistische Landesamt geliefert. Insgesamt wurden Daten von rund 56.300 Wohnungen in das Gutachten einbezogen und sämtliche Mietangebote in Online- und Printmedien zwischen Oktober 2015 und Ende September 2016 ausgewertet.

Auch für Zwei-Personen-Haushalte steigt der Richtwert, und zwar von 428 auf 464 Euro, für Drei-Personen-Haushalte von 507 auf 578 Euro – allerdings werden die Kosten für Fünf-Personen-Haushalte gegenüber dem bisherigen Richtwert voraussichtlich um 13 Euro abgesenkt. Auch das, sagt Schneider, habe sich aus dem vorgelegten Gutachten ergeben. „Der Wohnungsmarkt ist in diesem Segment entspannt. Allerdings wird niemand, der aufgrund dessen nun 13 Euro zu teuer wohnt, umziehen müssen.“

Insgesamt scheint die Anpassung der tatsächlichen Mietpreisentwicklung in Bremen einigermaßen zu entsprechen, das bestätigt, wenn auch „unter Vorbehalt“, Herbert Thomsen vom Bremer Erwerbslosenverband: „Aber unterm Strich“, sagt er, „wird der Schaden größer sein als der Nutzen.“

Denn von der Erhöhung der Unterkunftskosten profitierten nur wenige Menschen. HauptnutznießerInnen seien vor allem jene SozialleistungsempfängerInnen, deren Wohnungen zu teuer sind, das sind laut Thomsen rund 2.500 Haushalte: „Wer beispielsweise in einer Wohnung lebt, die 400 Euro kostet, bezahlt die Differenz von jetzt noch 23 Euro aus seinem Regelsatz. Das muss er künftig natürlich nicht mehr tun.“

Umziehen dürfen LeistungsempfängerInnen aufgrund der Erhöhung ihrer Wohnkosten allerdings nur in den seltensten Fällen: „Wenn jemand zum Beispiel dezentral und direkt an einer lauten Bahnlinie für 350 Euro im Monat wohnt, hat er ab März keineswegs das Recht, in eine hundert Euro teurere Wohnung zu ziehen, die leiser und zentraler ist“, sagt Thomsen.

Unterm Strich wird der Schaden größer sein als der Nutzen.

Herbert Thomsen, Erwerbslosenverband

Denn das Jobcenter übernehme nur dann die höhere Miete, wenn es einen triftigen Grund für einen Umzug anerkenne: „Und triftige Gründe sind: Die Wohnung ist verschimmelt. Oder ich habe einen Job, der einen Umzug notwendig macht. Oder es liegt eine Trennung vor“, sagt Thomsen.

Lediglich jene Menschen, die also einen fürs Jobcenter triftigen Umzugsgrund hätten, oder solche, die sich erst jetzt auf Wohnungssuche befänden, kämen in den Genuss der erhöhten Kostenübernahme.

Thomsen prognostiziert vielmehr goldene Zeiten für VermieterInnen und bittere Zeiten für Menschen mit wenig Geld: „Zu den 100.000 LeistungsempfängerInnen in Bremen kommen ja noch einmal 100.000 Menschen hinzu, die ebenfalls kein Geld haben: die altersarm sind, die studieren, die prekär beschäftigt sind – all diese Menschen werden es künftig sehr, sehr schwer haben bei der Wohnungssuche.“

Für die von ihm befürchtete Entwicklung gebe es bereits einen Erfahrungswert: „Vor fünf oder sechs Jahren gab es schon einmal eine große Erhöhung der Mietkostenübernahme“, sagt Thomsen.

Zur gleichen Zeit habe die Arbeitnehmerkammer eine Erhöhung der Mieten in Bremen um acht Prozent prognostiziert: „Im unteren Segment sind die Mieten aber um 20 Prozent gestiegen.“

Und das werde auch jetzt wieder passieren, da ist er sich sicher. Bernd Schneider hält die Mietpreisbremse dagegen: „Natürlich besteht die Gefahr, dass die Mieten steigen, aber durch die Mietpreisbremse kann da keine zügellose Dynamik entstehen.“

Doch, sagt Thomsen, bloß dauere das halt etwas länger als zuvor. Eine Lösung für das Dilemma sei für ihn nur in Sicht, „wenn Bremen keinen Cent mehr für sozialen Wohnungsbau bezahlen, sondern die Wohnungen selbst bauen würde“. Das Problem sei die flächendeckende Privatisierung von Wohnraum: „Gewoba und Vonovia lauern schon auf die angekündigte Erhöhung“, sagt Thomsen.

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1 Kommentar

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  • „wenn Bremen keinen Cent mehr für sozialen Wohnungsbau bezahlen, sondern die Wohnungen selbst bauen würde“.

     

    Da sprechen nun leider gleich mehrere Gründe dagegen.

    Erstens dürfte Bremen dafür das Geld fehlen, es ginge nur über eine deutliche Erhöhung der Verschuldung und zweitens hat die Vergangenheit gezeigt, dass Politiker meist leider keine guten Investoren sind.

     

    Abgesehen von der Dauer solcher Projekte, wenn sie von der Politik geplant werden, dürfte auch ein gigantisches Risiko bei den Kosten liegen. Diese werden ja von Politikern aus Wahlkampgründen oft „unterschätzt“ und erreichen dann nicht selten das Mehrfache des Geplanten.