taz*die tageszeitung Die kommende Frauentaz widmet sich der Vielfalt und einem umstrittenen Sternchen: Feminismus der 99 %
von Katrin Gottschalk
Was hat das Sternchen nicht schon für Ärger gemacht. Das Social-Media-Team der baden-württembergischen Landesregierung setzte am 1. Juni 2016 einen Tweet ab, der das Wort „Demokrat*innen“ enthielt. Skandal. Dabei sollte es eigentlich ein einfacher Info-Tweet zum grün-schwarzen Koalitionsvertrag sein. Seit Herbst 2015 ist das Sternchen Teil der offiziellen Grünen-Sprache.
Also: „Demokrat*innen“ – das ging allerdings einigen CDUler*innen zu weit. CDU-Mann Steffen Bilger forderte, diese „grüne Genderschreibweise“ in offiziellen Mitteilungen zu unterlassen. Andere Kommentator*innen waren da direkter: Das Gender-Sternchen sei „Gender-Gaga“. Andere würden auch sagen: Auswuchs links-grün versiffter Sprache.
Allerdings sind sich die Schreiber*innen nicht einmal innerhalb dieser links-grün versifften Welt darüber einig, ob und, wenn ja, wie gegendert werden soll. Auf eine einheitliche geschlechtergerechte Schreibweise konnte sich auch die taz nie einigen. Das Binnen-I als Norm – das wollten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht. Autor*innen können gendern, wie es ihnen beliebt, oder auch nicht.
Wen schon das Binnen-I nervt, muss das Sternchen also nun völlig überdreht finden. Dabei liefert die Forschung seit Jahren immer wieder Belege dafür, dass sich Frauen wie Männer bei der Formulierung „Polizist“ eben keine Polizistin vorstellen. Dass Mädchen eher überlegen, Astronautin zu werden, wenn der Beruf auch in der weiblichen Form aufgegriffen wird.
Es reicht aber nicht, nun nur von Lesern und Leserinnen zu schreiben. Eine aktuelle Umfrage auf taz.de hat ergeben, dass 3 Prozent unserer Leser*innen sich keinem der beiden Geschlechter zuordnen wollen. 3 Prozent ist nicht viel. Die könnten wir ignorieren. Aber zu den Grundsätzen der taz gehört, dass wir Minderheiten eine Stimme geben – und konsequent wäre: einen Raum in unserer Sprache.
Das Sternchen (*) kommt aus der Welt der Technik. Es steht als Platzhalter für beliebig viele andere Zeichen. Übersetzt auf Geschlecht heißt das: beliebig viele andere Geschlechter. Das Sternchen steht für Vielfalt. Und genau darum geht es in der diesjährigen Frauentaz am 8. März.
Wir werden zu taz*die tageszeitung. Eine taz mit Sternchen. Darin spielt das ausschließende Identitätsbild der Neuen Rechten eine Rolle, wir stellen die Vielfalt an feministischen Identitäten dar und schauen, wie eine aktivistische Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen vielen verschiedenen Identitäten möglich ist. Also ja: Es geht um Identität. Und um die nächste Revolution, die womöglich feministisch sein wird.
Nach den weltweiten Womens’ Marches gegen Donald Trump werden am 8. März wieder hunderttausend Menschen weltweit auf die Straße gehen. Dieses Jahr wird der Frauenstreik weltweit vernetzt sein. Und der Anspruch vieler dieser Netzwerke ist es, inklusiv zu sein. Manche sprechen vom Feminismus der 99 Prozent.
Gibt es für diese 99 Prozent aber auch genügend Angebote? Ist Feminismus nicht doch ein Elitenprojekt? Was ist mit „der kleinen Frau“? Über diese und andere Fragen werden wir am 6. März im taz Café in der Rudi-Dutschke-Straße mit der britischen Aktivistin, Kolumnistin und Buchautorin Laurie Penny diskutieren.
Fulminanter könnte die feministische Festwoche um den Frauen*kampftag nicht starten.
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