ARD-ZDF-Jugendangebot „Funk“: Chatbot gegen Fake News
Der Chatbot „Novi“ soll Jugendliche für Politik begeistern und sie mit sicheren Quellen versorgen. Die Nachfrage ist bisher nicht groß.
„Sorry, falls ab und zu mal etwas schiefläuft – ich bin noch ein bisschen beta“, entschuldigt sich Novi in seiner ersten Nachricht. Novi ist ein Social Bot im Beta-Stadium seiner Entwicklung. Die ARD hat ihn für „Funk“ programmiert, dem gemeinsamen Jugendangebot von ARD und ZDF. Facebook ist Novis operative Plattform.
Ein Social Bot ist ein personifizierter virtueller Roboter. Ein Computerprogramm im Gewand eines Nutzerprofils auf Facebook, Twitter und Co., das in sozialen Netzwerken automatisch Beiträge im Auftrag seiner Macher postet, zum Beispiel Werbung.
Novi ist genau genommen ein Chatbot: Man schreibt ihn an, er antwortet. Er ist auch nicht als Werbeschleuder gedacht, sondern als freundlicher Nachrichtenlieferant. Über den Facebook-Messenger versorgt er seine Nutzer_innen zweimal am Tag mit einem Nachrichten-Paket: eine Mischung aus ernsten und weniger ernsten Themen. Am Morgen nur ein kurzer Überblick, am späten Nachmittag ein bisschen umfassender, in einfacher und teilweise jugendlicher Sprache.
Zielgruppe sind 18- bis 24-Jährige. Bloß keinen kindlichen „Sendung-mit-der-Maus-Stil“ will Christian Radler, Entwicklungsredakteur der ARD. Das gelingt meistens. Doch manchmal irritiert die zuweilen harsche Abfolge von nüchtern verfasster Nachricht und flapsigen Beiträgen.
Konzentrationsspanne eines Goldfisches
Die Meldungen enthalten Links zu Hintergrundberichten anderer Nachrichtenportale, Fotos und GIFs. Das macht Spaß, zum Beispiel wenn neben der Nachricht „Ministerkarussell der SPD“ ein kleines Karussell kreist, auch wenn manche GIFs fast ein bisschen willkürlich wirken.
Den Entwicklern gehe es vor allem darum, die jungen, nachrichtenverdrossenen und desinteressierten Menschen abzuholen. Das bedeute auch, sich an der Schnelllebigkeit des Publikums zu orientieren, erklärt Radler. „Ihre Konzentrationsspanne ist mittlerweile die eines Goldfisches. Neun Sekunden etwa. Die Nachrichtenlänge müssen wir dem anpassen.“
Novis Profilbild ist der klassische kastenförmige Kopf eines niedlichen Roboters. Fragt man ihn, ob er Hunger hat, sagt er, er könne leider nicht wirklich essen, aber er würde wahnsinnig gerne einmal Schokolade probieren. Das wirkt kindlich-naiv. „Novi ist gerade erst eingeschult, entsprechend seines Beta-Stadiums“, sagt Radler. Bei einem menschlichen Avatar würden die Nutzer_innen zu hohe Erwartungen an Novi haben und ihn wegen seiner begrenzten kommunikativen Fähigkeiten nicht akzeptieren.
Novi soll nicht nur junge Menschen wieder zum Nachrichtenkonsum bewegen. Er hat auch eine bildungspolitische Mission. Wenn man den Hashtag #novierklärt in dem Chatfenster eingibt und die Enter-Taste drückt, sendet er kleine Info-Kästen in einfacher Sprache zu komplexen Themen wie IS oder Brexit. „Vor dem Hintergrund von Fake News werden referenzierbare, verlässliche Quellen immer wichtiger“, betont Radler.
Mangelnde Nachfrage
Mit diesem Format könnte man dem jungen Publikum auch gesellschaftliche, lebensnahe Debatten zu Rassismus, Sexismus oder Fremdenfeindlichkeit näherbringen.
Nur ist dafür die Nachfrage bisher nicht groß genug. Bisher nutzt laut Radler nur eine vierstellige Zahl von Menschen den Bot. Der Entwickler ist damit nach nur zwei Wochen zufrieden. Wenn es allerdings dabei bleibt, wäre Novi alles andere als ein durchschlagender Erfolg.
Bisher hält der Chatbot, was die Entwickler_innen der ARD versprechen, nämlich auf das Wesentliche komprimierte, regelmäßige Nachrichten auf einer interaktiven Basis. Bunte, bewegt-bebilderte Unterhaltung inklusive. Ob Novi die Zielgruppe flächendeckend erreicht, ist jedoch eine andere Frage. So ist der Chatbot in der Summe des medialen Überangebots, das sich jungen Menschen anbietet, ein kleines Licht. Sollten seine Funktionen weiter ausgebaut und sollte damit seine Reichweite kontinuierlich wachsen, hätte er das Potenzial, dem Nachrichten- und Politikverdruss junger Menschen entgegenzuwirken. Eine große Aufgabe, nicht zuletzt aufgrund der bevorstehenden Wahlen in diesem Jahr.
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