: Alles wie geschmiert
Korruption Die Bestechung von Politikern hat zum Geschäftsmodell des brasilianischen Baukonzerns Odebrecht gehört. Hat auch Kolumbiens Präsident Geld genommen?
Aus Rio de Janeiro Andreas Behn
Es ist der größte Bestechungsfall der Geschichte: Mindestens 800 Millionen US-Dollar hat der brasilianische Baukonzern Odebrecht lateinamerikanischen Spitzenpolitikern gezahlt, um an öffentliche Aufträge zu kommen. Aber wer stand alles auf der Payroll? Jüngster Verdachtsfall ist Kolumbiens Präsident. der Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Er soll 2014 illegale Wahlkampfspenden erhalten haben. Die Staatsanwaltschaft beauftragte am Dienstag den Nationalen Wahlrat, die Vorwürfe zu prüfen. Die Opposition forderte seinen Rücktritt.
Die Regierung sieht sich als Opfer einer Verleumdungskampagne der Gegner des Friedensprozesses um Expräsident Álvaro Uribe. Bisher sind vor allem dessen Vertraute verdächtig, von Odebrecht bestochen worden zu sein.
Auch in Peru verbreitet die Aufklärung Angst und Schrecken. Ebenfalls am Dienstag beantragte die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen Expräsident Alejandro Toledo wegen Korruption. Wie alle anderen Verdächtigen bestreitet er, Geld von dem Baukonzern erhalten zu haben.
Soweit bekannt, ging Odebrecht zweigleisig vor: Er zahlte direkt an Entscheidungsträger, um Großaufträge für Infrastruktur zu ergattern, etwa für den Bau einer Fernstraße von Peru bis nach Brasilien. Und er schmierte einen großen Teil der politischen Klasse nach dem Prinzip Gießkanne.
Ausgangspunkt ist Odebrechts Stammland Brasilien, wo Nachfahren deutscher Einwanderer einst die Baufirma gründeten. Dort ist Odebrecht der größte Player im Skandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras, der das Land in eine tiefe politische Krise stürzte. 77 ehemalige Manager haben sich auf einen Kronzeugendeal eingelassen. Bisher sickerte dabei lediglich durch, dass zahlreiche amtierende Minister und frühere Politgrößen geschmiert worden sein sollen, auch der Name von Präsident Michel Temer wird genannt.
Die Ermittlungen verzögern sich jedoch, da der zuständige Oberste Richter im Januar bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben kam. Schneller war die Justiz in den USA: Dort einigten sich Odebrecht und dessen Chemietochter Braskem Ende Dezember mit einem New Yorker Gericht auf die Zahlung von 3,5 Milliarden US-Dollar Strafe. Der Konzern gab zu, in zwölf Ländern 800 Millionen Dollar Bestechungsgeld gezahlt zu haben. Die Strafsumme ist die größte, die jemals in einem internationalen Korruptionsprozess vereinbart wurde.
Den Ermittlern zufolge hat Odebrecht eine regelrechte „Bestechungsabteilung“ gehabt. Die Gelder seien von Offshore- Bankkonten undokumentiert über ein Geflecht aus Scheinfirmen geflossen. Odebrecht beschäftigte zuletzt rund 180.000 Mitarbeiter und war in 23 Staaten tätig, vor allem in Lateinamerika und Afrika. Es gilt als sicher, dass der Konzern auch dafür zahlte, den Zuschlag für den Bau überteuerter Sportstätten für die Fußball-WM 2014 und Olympia 2016 zu bekommen.
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