Räumungsklage gegen Flüchtlinge: Malen nach Zahlen
Friedrichshain-Kreuzberg will die Bewohner aus der Schule in der Ohlauer Straße klagen. Doch der Bezirk weiß nicht, welche Räume sie nutzen.
Zwischenzeitlich sammelten sich die drei Vertreter der Klägerseite und die drei Anwälte der 24 Bewohner um den Richtertisch und malten mit Rotstiften Raumpläne auf. Was wie „Malen nach Zahlen“ aussah, hat einen handfesten juristischen Hintergrund.
Dem Wunsch nach einem allumfassenden Räumungstitel gegen die 24 Flüchtlinge steht der Einwand entgegen, diese könnten nur jene Flächen herausgeben, die sie auch nutzen. Welche Räume das im Einzelnen sind und zu welchen die Männer keinen Zutritt haben, ließ sich am Mittwoch nicht abschließend klären.
Um sich eine womöglich peinliche juristische Niederlage zu ersparen, verzichtete der Bezirk auf einen Räumungsantrag. Nun hat man sich für den 22. Februar auf einen gemeinsamen Besichtigungstermin in der Schule verständigt. Der Prozess wird am 8. März fortgesetzt.
Zeit für Verhandlungen?
Nichtsdestotrotz besteht der Bezirk weiterhin auf einer juristischen Entscheidung. Auf eine von der Richterin vorgeschlagenen „pragmatischen Einigung“ wollten sich die Kläger nicht einlassen. Die hätte vorgesehen, die 24 Bewohner in die im Gebäude geplante Flüchtlingsunterkunft zu integrieren. Betont wurde aber, dass man sich im Anschluss einer solchen Lösung nicht versperren wolle.
Ralph Monneck, Anwalt der Flüchtlinge, hofft dagegen weiterhin auf eine Einigung. Vor Gericht sagte er: „Ich vermute, der Bezirk will keine Situation wie vor zweieinhalb Jahren schaffen“. Damals war eine versuchte Räumung nach tagelangen Protesten und der Besetzung des Dachs gescheitert. Die Hauptforderung der Flüchtlinge damals wie heute: Sie wollen eine sichere Bleibeperspektive.
„Es bleibt abzuwarten ob aufseiten des Bezirks nunmehr ein Fenster geöffnet wird, doch noch eine politische Lösung herbeizuführen oder ob weiterhin ausschließlich der Rechtsweg beschritten wird“, so Monneck gegenüber der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!