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Nach Urteil gegen israelischen SoldatenNetanjahu unterstützt Begnadigung

International wurde das Urteil des israelischen Militärgerichts positiv aufgenommen. Israels Premier aber will eine Begnadigung unterstützen.

Nicht nur Netanjahu, auch viele Demonstranten äußerten Sympathien für Elor Asaria Foto: dpa

Tel Aviv dpa | Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich für eine Begnadigung eines wegen Totschlags verurteilten Soldaten ausgesprochen. „Ich unterstütze die Begnadigung von Elor Asaria“, schrieb Netanjahu am Mittwochabend auf Facebook. „Es ist ein schwieriger und schmerzlicher Tag für uns alle – vor allem für Elor und seine Familie, unsere Soldaten und Zivilisten, mich eingeschlossen.“

Asaria hatte einen verletzt am Boden liegenden palästinensischen Terroristen im März 2016 mit einem Kopfschuss getötet. Ein Militärgericht in Tel Aviv verurteilte ihn am Mittwoch wegen Totschlags. Asaria habe aus Rache für einen verletzten Kameraden gehandelt, sagte die Vorsitzende Richterin Maja Heller.

Die Verkündung des Strafmaßes wird innerhalb eines Monats erwartet. Asaria drohen bis zu 20 Jahre Haft. Der Todesschuss in Hebron war von einem palästinensischen Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Betselem gefilmt worden.

Eine Begnadigung müsste von Staatspräsident Reuven Rivlin ausgesprochen werden. Sein Büro teilte am Mittwoch mit, dass ein entsprechendes Gesuch nur von Asaria selbst, einem engen Verwandten oder seinem Anwalt gestellt werden könne.

Auch mehrere Regierungsmitglieder kündigten am Mittwoch an, sich für eine Begnadigung Asarias einzusetzen, darunter der ultrarechte Erziehungsminister Naftali Bennett.

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7 Kommentare

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  • Teil 2:

     

    Die genauen Tathergänge von Bad Kleinen, und somit auch die Frage ob Grams sich selbst getötet oder von Beamten vorsätzlich ermordet wurde, wurden von der Zivilkammer des Landgerichtes Bonn abschliessend als „nicht aufklärbar“ bezeichnet. Unter anderem konnte das Projektil, welches für den tödlichen Kopfschuss bei Grams verantwortlich war, nach offizieller Aussage "nicht sichergestellt" werden. Dagegen wurden noch Tage nach Abschluss der Spurensicherung am Tatort Hülsen und Geschossteile im Gleisbett gefunden, sogar an der Stelle, an der Grams zuletzt lag.

     

    "Vor der Obduktion am 28. Juni 1993 wurde anscheinend auf Weisung des BKA unter anderem Grams’ Kopf gewaschen, einige Haare weggeschnitten und weggeworfen. Um Grams sicher identifizieren zu können, wurden dem Leichnam Fingerabdrücke genommen und zu dem Zweck die Hand gewaschen. Das hat eventuell Schmauch-, Blut- und Gewebespuren vernichtet, die das Geschehen hätten rekonstruieren lassen können. Der Kriminalwissenschaftler Wolfgang Lichtenberg bezeichnete diesen Vorgang als „nicht korrekt“." (Wikipedia)

     

    Man könnte auch zu dem Schluss kommen, dass hier in großem Stil vertuscht und Beweise vernichtet wurden.

     

    Zwanzig Jahre später stellte die ARD-Dokumentation "Endstation Bad Kleinen" von Anne Knauth ergebnisoffen Indizien für Mord bzw. Selbstmord nebeneinander. Denn Klarheit gibt es bis heute nicht und es wird wohl auch keine mehr geben.

    • @cursed with a brain:

      Ich habe mich mit dem Fall gerade befasst , nachdem ich "In seiner frühen Kindheit ein Garten" von Christoph Hein in die Finger bekommen hatte.

      Wie Sie sagen, hat sich auch eine Zivilkammer geäußert, vor der der Kläger als Partei ( hier die Eltern von Grams) auf Schadenersatz (?) die Berechtigung seines Anspruchs nachweisen muss .

      Bei der wie auch immer zustande gekommenen Beweissituation ist das hier nicht gelungen, konnte es auch nicht.

      Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eingestellt. Inwieweit sie als Behörde höheren ( dann aber klar rechtswidrigen) Anweisungen gefolgt ist, wird sich nicht mehr klären lassen.

      Zum Ausgangspunkt zurück: Hätte es eine Videoaufzeichnung gegeben und hätte diese die Gerichte erreicht, wäre der entsprechende Beamte mindestens wegen Totschlags verurteilt worden.

  • "Dass man einen am Boden liegenden ,kampfunfähigen Gegner nicht erschießen darf, sollte eigentlich auch klar sein ."

     

    "Wolfgang Grams", "Bad Kleinen" - Klingelt da was?

     

    Selbst wenn es damals eindeutige Videoaufnahmen gegeben hätte, den "Mut zur Wahrheit" der israelischen Richterin hätte in Deutschland wohl kaum ein/e Kollege/Kollegin aufgebracht.

    • @cursed with a brain:

      Da Sie den Fall Grams kennen, werden Sie auch wissen, dass der Innenminister und der Generalstaatsanwalt (?) zurücktreten mussten , und es reichlich Pressewirbel gab , was sich aber alles auf die mangelnde Aufklärung ( (bewusste Unaufklärbarkeit?) bezog.

      Bei Vorliegen eines Beweises per Videoaufnahme hätte jeder Richter in Deutschland verurteilt , da teile ich Ihre Einschätzung nicht.

      Und dass ein Bundeskanzler /Bundespräsident (Gnadeninstanz) sofort nach dem Urteil nach einem Gnadenerlass für den als Täter identifizierten Grenzschutz-oder BKA-Beamten gerufen hätten , schließe ich auch aus.

      • @Parisien :

        Teil 1:

         

        Bundesinnenminister Seiters trat am 4. Juli zurück, drei Tage nach der Veröffentlichung eines Berichtes im ARD-Fernsehmagazin "Monitor". Der Bericht kam, gestützt auf die Aussage einer Augenzeugin, die während des Zugriffs als Verkäuferin in einem Kiosk auf dem Bahnsteig war, zum Schluss, dass Grams wehrlos am Boden liegend von den Beamten der Anti-Terror-Einheit "GSG-9" regelrecht "hingerichtet" wurde. Die Zeugin widerrief wesentliche Teile ihrer Aussage nur vier Tage später bei der Vernehmung durch den Staatsanwalt. Ob sie zwischen der Ausstrahlung des Berichtes und der Vernehmung "Behördenbesuch" hatte ist nicht bekannt, aber anzunehmen.

         

        Der Generalsstaatanwalt Alexander von Stahl trat nicht zurück, sondern wurde von der damaligen Justizministerin Sabine Leuthhäuser-Schnarrenberg am 9. Juli "in den vorzeitigen Ruhestand versetzt", sprich entlassen. Er hatte noch am Abend der Geschehnisse von Bad Kleinen wahrheitswidrig und, wie sich später herausstellte, wider besseres Wissen, gegenüber der Presse behauptet, Grams Begleiterin Beate Hogefeld habe bei der Festnahme den Schusswechsel eröffnet.

         

        Von Stahl versuchte sich später am Aufbau einer nationalliberalen Organisation innerhalb seiner Partei, der FDP. Er vertrat 2006 die Zeitung "Junge Freiheit" in einer juristischen Auseinandersetzung mit dem nordrheinwestfälischen Verfassungsschutz und stellte sich dem neurechten Blatt auch für die Werbung von Abonnenten zur Verfügung.

  • Das Rechtsverständnis in Israel ist doch sehr bemerkenswert.

    Die Siedlungspolitik , die UN-Resolutionen und selbst Israel-interne Gerichtsurteile ignoriert, ist ein deutliches Zeichen.

    Dass man einen am Boden liegenden ,kampfunfähigen Gegner nicht erschießen darf, sollte eigentlich auch klar sein .

    Das scheint dann nicht zu gelten, wenn es sich um einen Palästinenser handelt.

    Dann ist der vom Gericht als Totschläger verurteilte Täter ein Held.