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heute in Bremen„Ich hoffe, dass ich mich irre“

Außenpolitik Andreas Zumach prognostiziert den Zerfall des Nahen Ostens in der „Ära Trump“

Andreas Zumach

62, ist UN-Korrespondent der taz in Genf, Publizist und Träger des Göttinger Friedenspreises.

taz: Herr Zumach, in neun Tagen wird Donald Trump US-Präsident. Sind Sie besorgt?

Andreas Zumach: Ich kann noch ruhig schlafen, obwohl die Zukunft wirklich nicht gut aussieht.

Was befürchten Sie?

Donald Trumps zukünftige Nahostpolitik macht mir Sorgen. Ich vermute eine starke Eskalation des Konflikts zwischen den USA und dem Iran. Vermutlich wird Trump das Nuklearabkommen kündigen und die Sanktionen gegenüber Iran fortsetzen und verschärfen. Trumps sicherheitspolitisches Team besteht aus ideologischen Iranhassern, im schlimmsten Fall kommt es deswegen auch zu einer militärischen Auseinandersetzung. Auch Trumps Israelkurs macht mir Sorgen. Er und sein Team sind Unterstützer der völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik Israels und werden sich nicht für eine gerechte Friedenslösung, egal ob ein oder zwei Staaten, einsetzen. Der gewaltsame Widerstand der Palästinenser wird also anhalten.

Immerhin kündigte Trump eine Zusammenarbeit in Syrien mit Russlands Präsident Putin an.

Das wird nicht reichen. Durch ein Arrangement wird das Gewaltniveau in Syrien zwar sinken, das schafft aber keine neue Friedensordnung. Die Krisensituation in der gesamten Region lässt sich nicht nur überwinden, wenn der kontraproduktive Krieg gegen den „Islamischen Staat“ durch eine Politik zur Überwindung der Ursachen von Terrorismus ersetzt wird. Eine nachhaltige Lösung ist nur durch Verhandlungen möglich, an denen alle relevanten Akteure teilnehmen. Unter Trump und Putin befürchte ich eine Dreiteilung Syriens.

Hat ein solcher Zerfall eines Staats Auswirkungen auf Europa?

Es ist eine Illusion zu glauben, dass sich das Zerbröckeln der Staatenordnung nur auf die Nahostregion beschränken wird. Es gibt bereits Abspaltungsbestrebungen in Spanien und Schottland. Wenn eine Neuordnung der Staaten im Nahen Osten zugelassen wird, werden sich auch die Bestrebungen in Europa verstärken.

Sie zeichnen eine sehr schwarze Zukunftsvision. Besteht also keine Hoffnung für Trump als Friedensstifter?

Ich habe mir in den vergangenen 30 Jahren häufig gewünscht, Unrecht mit meinen Prognosen zu haben. Leider sind sie in allen Fällen eingetreten, trotzdem hoffe ich, dass ich mich dieses Mal irre. Donald Trump hat in seinem Wahlkampf und nach der Präsidentschaftswahl sehr viel Widersprüchliches im Bereich der Außenpolitik gesagt. Es ist also doch sehr schwierig, sichere Aussagen über die Zukunft zu machen.

Interview: Vanessa Reiber

19 Uhr, Dammweg 18–20

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