piwik no script img

Todesdrohung gegen Richter nach Urteil gegen Soldaten

IsraelDie Politik fordert Gnade für Elor Asaria und der Mob will die Richter an den Galgen bringen

„Jag die Richterin in die Luft“, damit „sie die Hunde fressen“

JERUSALEM taz | Die Fotos dreier mit Hitlerbärtchen verunstalteten Richter sind nur eine Variante des Protests gegen das Urteil im Prozess von Elor Asaria. Rechtsextreme Stimmen nehmen das Militärtribunal ins Visier, das am Vortag den israelischen Soldaten wegen Totschlags an einem Palästinenser schuldig gesprochen hat. Die Richterin „Maya Heller wird das Jahr nicht überleben“, heißt es in einem Eintrag, und eine Frau schreibt: „Jag die Richterin in die Luft“, damit „sie die Hunde fressen“. Eine Facebook-Seite mit dem Titel „Elor Asaria, das Volk steht hinter dir“, hatte innerhalb von weniger als 24 Stunden bereits 1.500 Fans. Die Polizei nahm vorübergehend zwei Leute fest unter dem Verdacht der Hetze im Internet. Richterin Heller steht jetzt unter Polizeischutz.

Die Hetze gegen die Führung der Armee, allen voran Generalstabschef Gadi Eisenkot, begann schon, als die Richterin noch das Urteil verlas. „Gadi, Gadi, pass auf, Rabin sucht einen Freund“, riefen Demonstranten vor dem Gericht in Anspielung an den 1994 ermordeten Regierungschef Jitzhak Rabin.

„Keinen einzigen Tag im Gefängnis“, so forderte Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei. Regierungschef Benjamin Netanjahu und die Abgeordnete Scheli Jechimowitsch, ehemals Chefin der Arbeitspartei, gaben ihm recht. „Dies ist ein schmerzlicher Tag für uns, zuallererst für Elor und seine Familie“, schrieb Regierungschef Netanjahu auf seiner Facebook-Seite. Die Soldaten der israelischen Verteidigungsarmee „sind unsere Töchter und Söhne“, setzte Netanjahu hinzu. Die Vereinte Liste der arabischen Abgeordneten in der Knesset warnte vor einem Straferlass, der von Soldaten als „Lizenz zum Töten von Palästinensern“ missverstanden werden könnte.

Nach Ansicht von Mordechai Kremnitzer, Jura-Professor und stellvertretender Präsident des Israelischen Demokratie-Instituts, ist der Aufruf zu sofortiger Begnadigung Asarias wenig förderlich, um dem Mob zu begegnen. „Der Appell zur Begnadigung noch vor Verkündung des Strafmaßes ist eine direkte Kehrtwende zur moralischen Botschaft des Militärtribunals“, meinte Kremnitzer im Hörfunk und zog eine Verbindung zu den Demonstranten vor dem Gericht, „die die Tat Asarias für legitim halten“. Wenn eine Richterin unter Polizeischutz gestellt werden muss, dann stehe es nicht gut um die Demokratie im Land, warnte Kremnitzer.

Die palästinensische Führung hielt sich mit Kommentaren zum Schuldspruch zurück. Einzig das Außenamt in Ramallah nannte das Verfahren einen „Schauprozess“ und eine „Farce“. Susanne Knaul

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen