Vorbereitung auf Jahreswechsel: Prost Neujahr mit der Polizei
Mit einem speziellen Einsatzkonzept versucht die Polizei, massenhafte sexuelle Übergriffe in der Silvesternacht auf dem St. Pauli-Kiez zu unterbinden.
HAMBURG taz | So etwas nicht noch einmal: Massenhafte sexuelle Übergriffe auf Frauen durch Männergruppen in der Silvesternacht wie im Vorjahr möchte die Polizei an diesem Jahreswechsel verhindern. „Wir mussten letztes Jahr mit einem Phänomen sexueller Gewalt umgehen, das man bundesweit nicht kannte“, sagt Polizeisprecher Timo Zill. „Jetzt sind wir darauf eingestellt.“
Die Polizei werde an Silvester die Zahl der Einsatzkräfte an den Brennpunkten in der Großen Freiheit und am Jungfernsteig auf 530 uniformierte PolizistInnen verdoppeln. Die Zahl der Zivilfahnder und Ermittler der Kriminalpolizei werde sogar verdreifacht. „In der Straße Große Freiheit werden im Einsatzzeitraum zahlreiche Polizeikräfte dauerhaft sichtbar Präsenz zeigen“, erläutert Polizeisprecher Ulf Wundrack das Konzept. Die Uniformierten werden zur besseren Erkennung reflektierende gelbe Westen mit der Aufschrift „Polizei“ tragen.
Auf dem Beatles-Platz am Eingang zur Großen Freiheit werde eine mobile Polizeiwache installiert, in der Anzeigen aufgenommen werden können und wo sofort die Strafverfolgung eingeleitet werden kann. „Sofern der Andrang von Besuchern in der Großen Freiheit zu stark wird, ist vorgesehen, den Zugang durch Aufbau bereitgestellter Hamburger Gitter situativ zu begrenzen“, sagt Wundrack.
Zudem werde die Polizei verstärkt von Videoüberwachung Gebrauch machen und es werden Beamte mit Bodycams unterwegs sein. Ein „Power-Moon“- Beleuchtungsballon soll in der Schmuckstraße für zusätzliches Licht sorgen. Schon im Vorwege hatte sich die Polizei mit den Clubbetreibern abgestimmt. So werden einige Clubs mehr Türsteher einsetzen, die bedrängten Frauen nicht nur Zuflucht gewähren, sondern der Polizei auch Ansammlungen von Männern melden sollen.
Der Jungfernstieg werde mit Videokameras überwacht und der Alsteranleger mit Hilfe zusätzlicher Lichtmasten ausgeleuchtet. Die Wasserschutzpolizei wird das Treiben vom Wasser her beobachten.
Dieses Einsatzkonzept, über dessen Umsetzung das Social-Media-Team der Polizei in der Silvesternacht via Twitter berichten wird, basiert auf der Empfehlung einer Projektgruppe, die das Bundesinnenministerium und die Länderpolizeien nach den Massenübergriffen von Köln und Hamburg eingesetzt hatten.
Am Neujahrsmorgen 2016 war die Polizei in Hamburg von den sexuellen Übergriffen durch Gruppen von Männern überrascht worden, die Frauen antanzten. „Vom Ausmaß der Übergriffe hatten wir in der Nacht keine Kenntnis“, sagte die Einsatzleiterin und Chefin des Kiez-Reviers Davidwache, Cornelia Schröder, später im Innenausschuss der Bürgerschaft.
Polizeisprecher Ulf Wundrack
In der Nacht gingen Schröder zufolge kein Hilferufe bei ihren Beamten vor Ort oder über den Notruf ein. Das Gedränge von 60.000 Kiez-BesucherInnen sei so groß gewesen, „dass der Handlungsspielraum der eingesetzten Kräfte sehr begrenzt war“, wie Schröder sagte. Die Polizei habe ja keine Panik auslösen wollen.
Insgesamt hatte es später 243 Anzeigen von 403 betroffenen Frauen gegeben, die belästigt, begrapscht und bestohlen wurden. Die „Ermittlungsgruppe Silvesternacht“ konnte 23 Tatverdächtige ermitteln, vor allem durch die Ortung geklauter Handys, und nahm sieben Verdächtige fest. Vier Angeklagte mussten in späteren Gerichtsverfahren freigesprochen werden, weil ihnen die vorgeworfenen Delikte nicht zugeordnet werden konnten.
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