Wohnungsbau

Der Immobilienmarkt in deutschen Städten wird angespannter. Da machen Projekte des Mietshäuser Syndikats Hoffnung

„Qualität und eine klimaneutrale Stadt verursachen Kosten“

Kommune Freiburgs Bau-Bürgermeister Martin Haag über Konzeptausschreibungen und die Frage, wieso kommunaler Wohnungsbau so teuer ist

Martin Haag

Foto: privat

Der 52-Jährige ist seit 2011 Baubürgermeister der Stadt ­Freiburg im Breisgau. Zuvor war er Professor am ­Institut für Mobilität und ­Verkehr an der Universität Kaiserslautern.

taz: Herr Haag, wie angespannt ist die Lage auf dem Freiburger Wohnungsmarkt?

Martin Haag: Im Moment ist der Mietmarkt auch in Freiburg extrem angespannt. Nicht nur Menschen mit Sozialhilfebezug finden kaum noch bezahlbare Wohnungen. Auch eine Polizistin oder ein Krankenpfleger, die ihr Geld selbst verdienen, haben große Schwierigkeiten. Allerdings, wenn man genügend Geld hat, findet man schon eine Wohnung.

Und was tut die Stadt Freiburg dagegen?

Im Neubaugebiet Gutleutmatten hatten wir das Glück, dass das Grundstücksareal der Stadt gehört. Deshalb konnten wir dort eine Konzeptausschreibung für rund 30 Mehrfami­lien­häuser machen. Wer der Kommune nach sozialverträglichen Kriterien am meisten geboten hat, bekam den Zuschlag. Solche Zusagen kann das Mietshäuser Syndikat leichter machen, aber auch Genossenschaften, Baugruppen, die kommunale Stadtbau und Bauträger kamen somit zum Zuge. So entsteht ein durchmischtes Quartier.

Das Mietshäuser Syndikat sagt, es baue deutlich billiger als die kommunale Stadtbau GmbH. Stimmt das?

Unsere Stadtbau kommt auf einen ähnlichen, vielleicht geringfügig höheren Betrag. Wenn man Qualität bauen und eine klimaneutrale Stadt will, dann verursacht dies Kosten. Und das Syndikat baut für eine andere Klientel, die eine ganz andere Identifikation mit dem Gebäude hat. Eine städtische Wohnungsgesellschaft muss aufgrund des Mieterwechsels schon robust bauen.

Im Anfang der 90er Jahre gebauten Freiburger Viertel Rieselfeld gab es zu Beginn bis zu 50 Prozent Sozialwohnungen, heute sind es nur noch 5 Prozent, warum?

Inzwischen sind dort viele der Bindungsfristen ausgelaufen, dann konnten die Eigentümer lukrativ verkaufen. Sicherlich sind so die öffentlichen Förderungen verpufft. Aber man muss auch sehen: Anfang der 90er Jahre dachten alle, es gibt nur noch für 10 bis 15 Jahre ein Wohnungsproblem, dann wird es aufgrund des demografischen Faktors ein Überangebot an Wohnungen geben. Doch die Gesellschaft entwickelte sich anders. Nicht ohne Grund wurden in Freiburg nicht nur das MHS, sondern auch die Baugruppen „erfunden“, als Anfang der 90er Jahre im Viertel Vauban kein Privater Mehrgeschosswohnungen bauen wollte. Dass dort heute nur noch der alternative Mittelstand wohnt, ist der oben beschriebenen gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet, nicht dem damaligen Konzept. Hinterher ist man immer schlauer.

Interview Christoph Villinger