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Kommentar Googles selbstfahrendes AutoMaster of halbe Sachen

Meike Laaff
Kommentar von Meike Laaff

Google lässt die Zukunft hängen. Die zuständige Tochterfirma will offenbar keine eigenen selbstfahrenden Autos mehr entwickeln.

War's das jetzt mit den Plänen für das selbstfahrende Ei-Auto? Foto: Imago / Zuma Press

E cht jetzt, Google? Schon wieder? Jahrelang haben sich alle die Köpfe heiß geredet, über das selbst fahrende Auto, das ihr da plant. Bauchgefühl-Skepsis gegen die Sicherheit der Statistik. Sodom und Gomorrha. Und jetzt zieht ihr den Schwanz ein?

Genauer gesagt: Waymo, die neue Firma, die für Euren Mutterkonzern Alphabet an selbstfahrenden Autos forscht. Die nämlich will laut Medienberichten gar keine eigenen autonomen Fahrzeuge mehr entwickeln.

Bei Google Glass habt Ihr auch schon so einen PR-Stunt hingelegt, die Datenbrillen rauf und runter diskutieren lassen: wütende Datenschützer, entzückte Gadget-Geeks, die von der Realität der Brille schnell ernüchtert waren, die gesellschaftliche Frage nach der Verantwortung für die Privatsphäre der anderen und dann plötzlich: Schluss mit Google Glass, abgeräumt, nach ganz unten in die Entwicklerkiste.

Was soll das denn? Halbe Sachen machen – dafür braucht man kein Alphabet, das schaffen die meisten Menschen gut allein. Aus Fiction Science zu machen und vielleicht sogar Produkte – darin wart Ihr mal ganz gut, im Guten wie im Schlechten. Jetzt bläst Euer Mutterkonzern Kohle in seine Moonshot-Projekte, ohne dass jemals was bei rauskommt.

Ablenkungsmanöver

Ich meine: Was ist denn mit den verdammten Heißluftballons, die von der Stratosphäre aus Internet in die entlegensten Regionen bringen sollen? Was ist mit den Kontaktlinsen, über die Diabetiker ihren Blutzuckerspiegel im Auge (haha) behalten können? Oder mit den Versuchen, mit Hilfe von Biotech Alterungsprozesse zu verlangsamen?

Sind das am Ende Ablenkungsmanöver von den wirklich heißen Entwicklungen und Probleme Eures Konzerns – Künstlicher Intelligenz, dem Internet der Dinge, Datenverknüpfung und -weitergabe? Paranoia, die in unsere Zeit passen würde.

Wobei die Realität wohl mal wieder banaler ist. Der Chefentwickler ist ausgebüxt, statt dessen leiten nun konservativere Autobranchen-Manager, die Mühen der Manufaktur, potentielle Zulassungs- und Entschädigungsprobleme – denkt man darüber nach, fällt jedem ein ganzer Sack von Gründen ein, warum Ihr Angst vor der eigenen Courage bekommt.

Zukunft braucht nicht nur Kohle, sondern auch Lust auf Zukunft. Und die scheint Ihr gerade zu verlieren.

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Meike Laaff
tazzwei-Redakteurin
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4 Kommentare

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  • Da mittlerweile viele Autohersteller auf das Thema aufgesprungen sind, hat Google doch erreicht was sie wollten. Natürlich hat und hatte Google kein Interesse daran Auto-Hardware jemals selber zu produzieren und zu vertrieben. Das Ziel von Google ist, dass wir noch mehr Zeit online verbringen, noch mehr Daten an Google liefern und sie uns noch mehr Werbung zeigen können, und wo haben wir noch Zeit die wir noch nicht online verbringen? Im Auto!

  • Was bitte ist so spannend an selbstfahrenden Autos? Dass man im Stau nicht die Hände dran haben muss?

    Lieber keinen Stau!

    Im Übrigen: Das Zeug muss halt nicht nur in 99% der Fälle funktionieren.

    Jedoch: Ich hätte von der taz erwartet, dass sie sich das Ausbleiben intelligenter öffentlicher Verkehrssysteme kritisiert!

    Von Google erwarte ich GAR nichts Gutes.

    Ich stelle nur fest, dass aus der ursprünglichen Funktion - gute Suchmaschine - längst eine Werbeplattform und vor allem Spionageplattform geworden ist. Big Brother im Wohnzimmer - Pfui Teufel!

  • Selbstfahrende Autos ? Naja, wenn ich angeditscht aus der Kneipe komme und mich hinten hinsetzen kann und dem Auto sagen kann: "James, fahren Sie mich nach Hause." Dann wäre das prima. Wenn ich allerdings nicht mehr fahren kann, wie ich will, ist es für mich vorbei mit der Freude am Fahren. Entmündigt würde ich mich fühlen. Wir können ja auch alle Bus- und Lastwagenfahrer wegrationalisieren. Danach Kassiererinnen. Bei Tankstellen wird das ja gerade schon gemacht. Und ? Wieviel zehntausende von Arbeitslosen haben wir dann mehr ? Klasse. Aber alles ganz toll automatisch. Na, super. Henry Ford soll mal gesagt haben: "Arbeitslose kaufen keine Autos".

  • Wer die Entwicklung halbwegs verfolgt, weiß, dass Konzernchefs von Google in Interviews schon vor über einem Jahr mitteilten, dass das Unternehmen kein Interesse an der Entwicklung von Motoren hat und auch keine Reifen am Fließband an Fahrzeuge schrauben will. Es ging schon immer um Systemlösungen, Daten (inkl. Kartenmaterial) und Software. Die Hardware-Komponenten, die die Prototypen nutzten, waren auch keine Google-Entwicklungen. Alles in allem ein sehr typisch deutscher Artikel.