Ulrike Herrmann über die reduzierte Ölförderung der Nicht-OPEC: Ein fieser Feind
Die Zapfsäule hat gesprochen: Benzin und Diesel sind in der vergangenen Woche deutlich teurer geworden. Das ist durchaus eine Überraschung. Zwar war schon länger bekannt, dass das Ölkartell OPEC seinen Rohstoff verknappen will, um den Preis nach oben zu treiben. Aber früher hatten derartige Ankündigungen meist keine Folgen. Viele Förderländer sind vom Ölexport so abhängig, dass sie ihre Quote oft nur auf dem Papier absenkten. Doch diesmal sind sogar Nicht-OPEC-Länder wie Russland oder Kasachstan bereit, ihre Förderung zu drosseln. Wird Öl tatsächlich teuer?
Vielleicht. Aber wahrscheinlich ist es nicht. Denn die Ölländer reduzieren vor allem ihr Überangebot. Bisher haben sie etwa 1,1 Millionen Barrel pro Tag mehr gefördert, als nachgefragt wurde. Ab Januar sollen durch die Pipelines 1,8 Millionen Barrel weniger fließen. Macht ein Minus von ganzen 700.000 Barrel am Tag.
Eigentlich könnte auch diese kleine Differenz zwischen Angebot und Nachfrage reichen, um die Preise nach oben zu treiben. Doch die Ölländer haben einen fiesen Feind. Er heißt „Lagerbestände“. Wie die Internationale Energie-Agentur im November meldete, sitzen die Industrieländer derzeit auf Ölvorräten von rund drei Milliarden Barrel. Übersetzt: Die OPEC müsste ihr Förderlimit jahrelang durchhalten, wenn sie die Preise wirklich beeinflussen will. Diese Disziplin ist nicht sehr wahrscheinlich.
Das ist schade. Denn der kleine Preissprung an den deutschen Zapfsäulen reicht nicht. Öl muss deutlich teurer werden, damit es sich lohnt, in Energieeffizienz und Klimaschutz zu investieren. Sonst kommt es tatsächlich wie prognostiziert: In den nächsten zwanzig Jahren dürfte der weltweite Energieverbrauch um weitere 34 Prozent steigen. Ein bisschen Solarstrom wird zwar auch dabei sein, aber die fossilen Brennstoffe werden weiterhin dominieren. Wie diese Zahlen zeigen, wird Öl tatsächlich irgendwann knapp. Aber dann ist es längst zu spät. Für alle.
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