piwik no script img

Kolumne HabibitusYallah, auf die Straße

Das „C“ von CDU steht für „catastrophe“ – oder kurz: Kadda. Scheiß auf Dialog, hier ist ein offener Brief und ihr hört mal schön zu!

Merkel auf dem CDU-Parteitag in Essen. Homegirl Frauke Petry findet das ziemlich nice Foto: ap

L iebe Linke, Antifaschist*innen, Kommunist*innen und alle anderen Antis.

Wir müssen reden. Wie ihr vielleicht zwischen Ketamin-Kater und Marx-Lesekreis bemerkt habt, ist die Hütte am Brennen. Auf der ganzen Welt machen sich unter völkischem Jubel Faschos breit. Auch hierzulande ist die Situation für Frauen, Queers, Transpersonen, Personen of Color, Schwarze Personen, Menschen mit Behinderung, Geflüchtete und alle, die in der Intersektion dieser Identitäten leben, nach wie vor bedrohlich.

Neben offener Gewalt auf der Straße, im Netz und im vermeintlich Privaten passiert vieles institutionell. Zum Beispiel gibt sich die CDU enorm viel Mühe um zu beweisen, dass das „C“ in ihrem Parteinamen eigentlich für „catastrophe“ – oder kurz: Kadda – steht. Auf ihrem Parteitag ging ein Kadda-Beschluss nach dem anderen raus und kreiert weiter ihre rassistische Politik der Abschottung.

Geflüchtete sollen „zurück“ ins Mittelmeer, Personen mit doppelter Staatsbürger_innenschaft sollen sich gefälligst für einen Pass entscheiden und die Millionen Burkas, die man tagtäglich in Deutschland sieht, sollen verboten werden. Beifall gibt es von Homegirl Frauke Petry, die Merkel zwar peinlich findet, die Beschlüsse gegen Geflüchtete jedoch ziemlich nice.

Dass die CDU sich immer weiter Richtung „AfD light“ entwickelt, sieht auch sie. Verständnislos reagiert sie aber auf Merkels Anmerkung, auch manche Almans könnten Integrationskurse gebrauchen. „Halal-Kochkurse, die arabische Sprache oder wie man ein Kopftuch richtig bindet?“, fragt sie frech. Ganz ehrlich, why not? Anstatt die rassistische Stimmung weiteraufzuheizen, können sie ruhig mal anfangen, sich nach dem Kacken den Arsch richtig abzuwaschen. Aber ich drifte ab.

Erinnert ihr euch noch, wie ihr immer so stolz damit geprahlt habt, dass ihr, hättet ihr kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gelebt, wie Quentin Tarantinos „Inglorious Bastards“ Nazi-Jäger_innen gewesen und mit 500% gegen den Nationalsozialismus vorgegangen wärt? Da Geschichte sich leider gerne wiederholt, habt ihr jetzt die Chance, eure Versprechen einzulösen und zu reagieren. Bevor es wieder zu spät ist.

Anstatt laut Iiiiiieh!dentitätspolitik zu schreien, überall völkische Kulturbegriffe reinzuprojizieren und schräge Nazi-Vergleiche zu ziehen, nur um im Prinzip eure weißen Privilegien zu manifestieren, könntet ihr mal eure rechten Angehörigen aufklären.

Ihr erwartet immer, dass wir euch alles erklären und wenn wir uns äußern, sind wir automatisch in der Bringschuld für noch mehr Argumente in einer toxischen Debattenkultur, die weder produktiv, noch fair ist.

Dabei haben wir schon eine Menge kostenlose Arbeit für euch verrichtet. Aber was habt ihr so gemacht, um rassistische, sexistische, antisemitische, behindertenfeindliche, homo- und transfeindliche Strukturen aufzubrechen?

Es ist Zeit, dass ihr eure Theorie-Anekdoten in solidarisches Handeln transformiert. Es ist euer beschissenes Land, also sorgt gefälligst dafür, dass es sich nicht mit noch mehr Verbrechen gegen die Menschheit durch die Zeitgeschichte befördert.

HEGDL, Hengameh

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Damit sind wir wohl endgültig im postfaktischen Zeitalter angelangt.

     

    Yoooh, yeah, Argumente für meine Meinung? Sucht Euch selbst welche, die nice sind; ich habe schon genug getan!1elf.

     

    Niemand kann ohne Argumente überzeugen. Es reicht nicht, abstrakt auf Menschenrechtsverbrechen von Frau Merkel hinzuweisen - das macht im Übrigen auch PEGIDA. Ich vermute, es sind nicht dieselben gemeint.

     

    Es gibt gute Gründe gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Bürger sind angehalten, bei Wahlen im Sinne ihres Landes zu wählen. Das wird ad absurdum geführt, wenn die Herrn Erdogan und Putin Wahlempfehlungen abgeben. Und da über 60% der hier lebenden Türken Erdogan wählten, ist diese Gefahr real.

     

    Wer fordert denn, dass Geflüchtete ins "Mittelmeer" zurück sollen? Unsere bisherige Strategie verursacht jedenfalls jährlich mehr Tote. Was ist die Lösung? Open Borders? Wohl eher nicht, da wir bereits heute überfordert sind.

     

    HDGDL

     

    P.S.: Das ist Satire, oder?

  • Fand Deinen Missy Artikel schon Rock. Weiter so!

  • Word!

  • "Scheiß auf Dialog, hier ist ein offener Brief und ihr hört mal schön zu!"

    Recht so, die SM-Fraktion soll sich von der taz nicht vernachlässigt fühlen. Gehorcht, elende Subjekte! Und dazu hören wir "Venus in Furs" von Velvet Underground.

    Wer nach all den vielen, vielen Aufrufen, Plakaten und Manifesten der letzten Jahrzehnte, die sich an die "antiautoritäre Linke" richten, sich schon gefragt hat, ob es eigentlich auch noch eine autoritäre Linke gibt, findet hier die Geisterbahn seines Vertrauens. Ja, so ist es leider, es ist eher das heisere Knarren des toten Mao als der Weckruf lebendiger Solidarität. Denn was Hengameh dafür ausgibt und wofür sie dieses große, gepeinigte Wort schlachtet, das ist doch nur das sattsam bekannte "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns".

    Lass stecken.