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Ungesicherte Qualität

Dunkelfeld Altenpflege: Keine Verpflichtung zur Qualitätssicherung. Krankenkassen steigen aus Finanzierung freiwilliger Selbstkontrolle aus

„Qualitätssicherung vonnöten: Pflegeheim ist das Zuhause vieler Menschen“

Von Elke Spanner

Die Scheuerwunden gingen oft bis auf die Knochen. Als der Rechtsmediziner Klaus Püschel 1999 den so genannten Hamburger Pflegeskandal auslöste, indem er auf die schlechte körperliche Verfassung vieler in Alten- und Pflegeheimen betreuter Menschen hinwies, schaltete sich sogar die Staatsanwaltschaft mit strafrechtlichen Ermittlungen ein. Rund jeder fünfte bettlägerige Mensch, hatte Püschel bei der routinemäßigen Untersuchung von Leichen festgestellt, habe unter schmerzhaften Liegegeschwüren, so genannten Dekubita, gelitten.

Die Situation hat sich seither verbessert – laut der Hamburgischen Pflegegesellschaft (HPG) auch durch eine extern begleitete Selbstkontrolle der Pflegedienste, dem „Qualitätsvergleich in der Dekubitusprophylaxe“ (equip). Dieses bundesweite Modellprojekt droht nun auszulaufen: Die Pflegekassen stellen ihre Anteilsfinanzierung zum Jahresende ein.

Dass seit Bekanntwerden des Skandals weniger bettlägerige Menschen unter Druckgeschwüren leiden, hat wiederum Püschel nachgewiesen. Sein Institut für Rechtsmedizin am Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) hat bekannt gegeben, dass sich das Vorkommen höhergradiger Dekubita in Altenpflegeheimen von damals 4,1 Prozent auf 0,5 Prozent vermindert hat. „Die Rate ist besser als im Bundesgebiet“, sagt HPG-Geschäftsführer Jens Stappenbeck.

Er führt das unter anderem auf equip zurück: Regelmäßig hätten die rund 200 beteiligten Pflegedienste der HPG darüber Bericht erstattet, ob und in welchem Maße Dekubita bei ihren Patienten aufgetreten sind.

Die HPG hat die Daten ausgewertet und ihre Bilanz quasi als Spiegel an die Pflegeeinrichtungen zurückgesandt. Parallel hat sie neue Erkenntnisse über das Entstehen und die Behandlung von Druckgeschwüren in Fortbildungen weitergegeben.

Durch bessere Vorbeugung bleiben nicht nur den Patienten Schmerzen erspart. Auch die Pflegekassen würden laut Stappenbeck davon profitieren – finanziell. Denn den vergleichsweise geringen Kosten der Prophylaxe stünden hohe Behandlungskosten gegenüber. Insofern findet Stappenbeck es unerklärlich, dass die Kassen sich aus der Finanzierung von equip zurückziehen wollen: „Der Erfolg gibt uns doch recht.“

Erfolg aber kann mit unterschiedlichem Maßstab gemessen werden. Die Pflegekassen bestreiten nicht einmal, dass equip „einen Beitrag zur Dekubitusprophylaxe geleistet hat“, wie es der Leiter der Hamburger Landesvertretung der Ersatzkassenverbände, Günter Ploß, formuliert. Wirklich erfolgreich aber ist equip in seinen Augen nicht.

Zum einen hätten sich zu wenige Pflegedienste an der freiwilligen Qualitätssicherung beteiligt – mit rund 200 stationären und ambulanten Einrichtungen sind es nur 40 Prozent. Zum anderen mangelt es den Kassen zufolge an Transparenz: So wurden die schwarzen Schafe unter den Pflegediensten von der HPG zwar aufgezählt, namentlich aber nicht benannt.

Ploß hofft nun, dass die Politik das Problem der Qualitätssicherung in der Pflege ähnlich löst, wie es seit Beginn dieses Jahres für Krankenhäuser geregelt ist: Die sind verpflichtet, regelmäßig einen Qualitätsbericht vorzulegen. In der Pflege, sagt Ploß, seien ähnliche Instrumente vonnöten: „In einer Klinik sind Patienten zumeist wenige Tage oder Wochen. Das Pflegeheim aber ist das Zuhause vieler Menschen.“

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