Wohnen auf 6,4 Quadratmetern in Berlin: Das kleinste Haus der Stadt
Antwort auf steigende Mieten: Der Architekt Van Bo Le-Mentzel hat in Berlin-Kreuzberg eine Mini-Wohnung für nur 100 Euro Miete designt.
Mit nur einem Griff erreicht man die Herdplatten, das Geschirrregal und die Deckenlampe. Der Raum, in dessen Mitte Architekt Van Bo Le-Mentzel auf einem Hocker sitzt, ist gerade mal 6,4 Quadratmeter groß – und doch eine ganze Wohnung. Le-Mentzel zeigt nach oben: „Da ist der Schlafboden, darunter befindet sich das Bad.“ Neben ihm, auf Kopfhöhe, hat die Küchenzeile ihren Platz. „Das Häuschen soll zeigen, wie man auf kleinstem Raum komfortabel leben könnte“, sagt er.
Tiny100 heißt das Miniaturhaus, das seit wenigen Tagen in Kreuzberg steht und jeden Donnerstag besichtigt werden kann. Der Name ist Programm: Das Häuschen ist nicht nur sehr klein, sondern auch sehr günstig. Lediglich 100 Euro sollen die monatlichen Kosten für Strom, Heizung und Internet betragen, verspricht Le-Mentzel.
Wohnen für so wenig Geld? In Zeiten steigender Mieten gleicht das einer Utopie. Der 39-Jährige nennt es Vision: „Wir brauchen neue Ideen, wie man bezahlbaren Wohnraum schaffen kann.“ Ginge es nach ihm, würde das Tiny100 bald Wirklichkeit. „Als kleinste Wohneinheit in einem fünfgeschossigen Bau.“
Das Ziel: Neue Wohnformen erforschen
Für Le-Mentzel ist es nicht das erste Projekt dieser Art. Regelmäßig verwischt der Berliner die Grenzen zwischen Architektur und Aktivismus, versucht gestalterische Lösungen für gesellschaftliche Probleme zu finden. So zeigt er mit seinen Anleitungen für „Hartz-IV-Möbel“ schon seit ein paar Jahren, wie man aus wenig Geld robuste Möbel bauen kann. 2015 startete er gemeinsam mit Flüchtlingen das Denkkollektiv Tinyhouse University. Das Ziel: Räume und neue Wohnformen erforschen.
Ihr erstes Projekt war eine Antwort auf die Zustände in den belegten Turnhallen: Sie entwickelten ein kleines Häuschen, das Flüchtlingen einen Rückzugsort bieten sollte. Die „100-Euro-Wohnung“ ist eine Reaktion auf den Wohnungsmarkt: „Die Frage ist doch, wie man Wohnraum neu denken kann“, sagt Le-Mentzel. Und: „Das Tiny100 ist als ein Forschungsprojekt gedacht.“ Deshalb will er über die nächsten vier Monate Feedback sammeln.
Als Le-Mentzel das Schlafsofa auszieht, wird es richtig eng. Trotzdem fühlt man sich nicht eingeengt. Denn die Wände sind hoch, zwei große Fenster lassen viel Licht herein.
Leser*innenkommentare
nzuli sana
Als Protestform lasse ich das mal so gelten - aber keinesfalls als Wohnform.
Lesebrille
Ich mag die Tiny-House-Bewegung, aber dieses Häuschen ist weder barrierefrei, noch alterstauglich. Es kann also lediglich etwas für junge bzw. mittelalte Menschen sein, die ihr Alltagsleben hauptsächlich ausser Haus verbringen.
Für eine echte Alternative zum Sozialen Wohnungsbau halte ich es also nur sehr bedingt.
P.S.: Es gibt übrigens schon rollstuhlnutzende Menschen, die sich selbst Tiny Houses gebaut haben.
Saccharomyces cerevisiae
16 €/m² sind also eine "Vision"? In München vielleicht, aber in Berlin?