Italien nach dem Referendum: Neuwahl schon im Februar möglich
Renzi will zurücktreten, doch Präsident Mattarella bremst. Erst soll der Premier den Haushalt durch den Senat bringen.
Renzi wird jetzt deshalb im Senat die Vertrauensfrage stellen, allerdings nicht, um seine Regierung zu sichern, sondern um den Haushalt durchs Parlament zu bringen. Spätestens Anfang nächster Woche würde dann die Regierungskrise auch formell eingeläutet.
Nach Indiskretionen aus seinem nächsten Umfeld wird Renzi selbst in den Konsultationen beim Staatspräsident auf schnelle Neuwahlen, am besten schon im Februar 2017, dringen. Diese Forderung hatten bisher nur Beppe Grillos Movimento5Stelle (5-Sterne-Bewegung) und die rechtspopulistische Lega Nord erhoben.
Gegen eine schnelle Neuwahl spricht vor allem, dass die beiden Häuser des Parlaments gegenwärtig unterschiedliche Wahlgesetze haben. Im Abgeordnetenhaus erhält die stärkste Partei automatisch 340 der 630 Sitze; der Senat dagegen würde nach reinem Proporz gewählt.
Widerstand könnte vom linken Minderheitsflügel kommen
Auch wenn die Partito Democratico (PD) ihre Anhänger in den nationalen Wahlen erneut mobilisieren kann, käme sie bestenfalls auf 40 Prozent. Für die Regierungsbildung wäre sie deshalb auf die Stimmen des Berlusconi-Lagers angewiesen. Denkbar wäre aber auch, dass Grillos M5S die Nase vorn und damit im Abgeordnetenhaus die Mehrheit hat. An der Regierungsbildung würde die M5S dennoch scheitern, denn im Senat hätte es keine Partner, die seinem Ministerpräsidenten das Vertrauen aussprechen würden.
Zunächst aber muss Renzi seinen Offensivkurs in der eigenen Partei durchsetzen. Für Mittwochnachmittag sind die 200 Mitglieder des erweiterten Parteivorstands zusammengerufen. Großer Widerstand könnte vom linken Minderheitsflügel kommen. Der will keine schnelle Neuwahl, sondern vorab innerhalb der PD den Kampf gegen Renzi um die Parteiführung aufnehmen. Ginge es dagegen jetzt schnell an die Urnen, muss die Parteilinke fürchten, dass viele ihrer Parlamentarier nicht mehr aufgestellt werden.
Doch Renzi zeigt sich überzeugt, dass er und die PD eine schnelle Entscheidung in Wahlen suchen müssen, andernfalls müsse mit einem weiteren Erstarken von Grillos M5S gerechnet werden, die jetzt schon in den Meinungsumfragen bei 30 Prozent und damit praktisch gleichauf mit der PD liegt.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen