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Merz bläst zum Angriff auf Angela Merkel

Exfraktionschef nennt das „personelle Angebot“ der Union als Ursache für das schlechte Wahlergebnis

Merz wünscht großer Koalition „ein schnelles Ende“, wenn sie nicht bald Arbeit schafft

BERLIN taz ■ Friedrich Merz hat Angela Merkel für das Wahlergebnis der Union verantwortlich gemacht. „Nur 35,2 Prozent bei den Zweitstimmen“, schrieb der CDU-Finanzexperte in der Wirtschaftswoche, „sind eine überdeutliche Antwort der Wähler an Wahlprogramm und personelles Angebot der Union.“

Der Mann hat Sinn für Timing. Immer dann, wenn es Merkel am meisten wehtut, meldet sich der Exfraktionschef mit Kritik zu Wort. Schon am 18. September, noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren und sich Merkel in der Fernseh-Elefantenrunde erklären konnte, schimpfte Merz: „Der ganze Wahlkampf ist sicherlich nicht optimal geführt worden.“

Der erste Treffer war gesetzt, fand jedoch kaum Resonanz, weil die Parteiführung entschied, das Beste aus der Wahl zu machen und den Vorsprung vor der SPD für die Umsetzung des eigenen Machtanspruchs zu nutzen. Dazu gehörte, Merkel gegen Angriffe der SPD zu schützen und – auf ihren Wunsch – eine Analyse der Gründe für den Wahlausgang zu unterlassen. Auch Merz blieb zwei Wochen ruhig, bis gestern.

Just an dem Tag, an dem die Union Merkels Führungsanspruch durchsetzen wollte, analysierte der Sauerländer: 2,6 Millionen Wähler, die mit ihrer Erststimme Kandidaten von CDU oder CSU gewählt hätten (darunter ihn), „mochten die Union mit der Zweitstimme nicht wählen“. Einer der Gründe: das „personelle Angebot“. Trotzdem habe die Union, „wenn auch erheblich geschwächt in ihrer Position“, den Auftrag zur Regierungsbildung. Die Union, nicht Merkel.

Merz dürfte kaum ein Angebot bekommen, falls Merkel ins Kanzleramt einzieht. Was ihn, so signalisiert er, wenig stört. Er hat nicht nebenbei etwas dahingesagt, er macht eine Kampfansage, schwarz auf weiß. Inklusive wirtschaftsliberaler Forderungen, von denen jeder weiß, dass sie mit der SPD unerfüllbar sind. So schreibt Merz, die Tarifpolitik müsse „wenigstens mit einer sicheren gesetzlichen Grundlage für betriebliche Bündnisse für Arbeit korrigiert werden“. Wenn dagegen abzusehen sei, dass der großen Koalition die Lösung des Beschäftigungsproblems nicht bald gelinge, tja, dann, schließt Merz, „sollte man ihr schon am Anfang ein schnelles Ende wünschen“. LUKAS WALLRAFF

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