Zukunft des Spreeparks: Geschichten aus’m Plänterwald
In Teil zwei des Spreepark-Bürgerdialogs sind eigentlich alle auf ihre Kosten gekommen: kritische Anwohner, Naturschützer, aber auch Künstler.
So viel Harmonie ist selten, wenn es um den Spreepark geht. Die Grün Berlin GmbH hatte am Freitagabend zum zweiten Bürgerdialog über die Entwicklung des verfallenen ehemaligen Vergnügungsparks im Bezirk Treptow-Köpenick eingeladen und am Ende der vierstündigen Diskussion fuhren alle 150 Gäste zufrieden nach Hause: die kritischen Anwohner im Ortsteil Plänterwald, Umweltgruppen und die Vertreter der Berliner Forsten, die einen sorgsamen Umgang mit der sensiblen Vegetation anmahnten, aber auch Vertreter der Kulturszene, die sich einbringen wollten. Und deren Spektrum reichte immerhin von der Shakespeare Company Berlin bis zur Graffitiszene.
Der Spreepark soll ein Bürgerpark werden. Einen reinen Vergnügungsbetrieb wie zu DDR-Zeiten und in den 1990er Jahren wird es nicht wieder geben. Ausnahme: Das 45 Meter hohe Riesenrad als weithin sichtbares Symbol soll sich wieder richtig drehen – nicht nur vom Wind angetrieben und leise quietschend wie jetzt. Statt der Fahrgeschäfte sind eine kleinteilige kulturelle Nutzung und Ökoprojekte angedacht, so viel steht fest. Aber auch, dass die Bürger in die Entwicklung miteinbezogen werden sollen. Stadtentwicklung von unten also.
Dazu fand im Sommer der erste Bürgerdialog statt. Die rund 800 Gäste hatten 1.300 Vorschläge gemacht, Doppelungen nicht mitgerechnet. Die Ideen hat die Grün Berlin GmbH, die das Gelände betreiben wird, sorgfältig ausgewertet und beim zweiten Dialogtermin am Freitag erneut zur Diskussion gestellt. „Überrascht waren wir beispielsweise von den vielen Wünschen, das Spreeufer einzubeziehen“, sagt Grün-Berlin-Geschäftsführer Christoph Schmidt. Die reichten von einem Freibad neben dem Park, einem Schiffsanlegesteg, der gleichzeitig einer besseren Erreichbarkeit des relativ S-Bahn-fernen Geländes ermöglicht, bis zu Wassersportangeboten und begehbaren Springbrunnen.
Alles wird sich nicht realisieren lassen. So wäre ein Freibad beispielsweise nicht vereinbar mit dem Konzept des Berliner Senats, die Uferwege an der Spree nicht zuzubauen. Diese Nachricht fand Sympathie bei den Anwohnern. Denn die wollen den Uferweg unbedingt öffentlich zugänglich erhalten. Auch das denkmalgeschützte Eierhäuschen, das eigentlich außerhalb des Parks liegt, wird mit einbezogen. „Anders ist die traditionelle Ausflugsgaststätte wirtschaftlich nicht zu betreiben“, machte ein Vertreter der Grün Berlin GmbH klar. Neben der Gastronomie soll es auch Ateliers geben – für Künstler, die aus der Innenstadt verdrängt wurden.
Baumwipfel und Ruinen
Viel Zuspruch fanden die Ideen des Planungsteams um Latz + Partner. Das Büro hat bereits in Duisburg, London und Aschersleben postindustrielle Parks entwickelt. „Wir brennen dafür, Orte zu entwickeln, die eine Geschichte erzählen sollen“, sagt Peter Latz. Im Falle des Spreeparks wird das sowohl die Geschichte der Fahrgeschäfte sein als auch die Geschichte des alten Forstes mit seiner abwechslungsreichen Vegetation. Latz hat einen Baumwipfelpfad entlang der Ruinen der verbliebenen Fahrgeschäfte angedacht.
Die uralte Parkbahn soll nach dem Wunsch des Planungsbüros in ihrer historischen Form wieder fahren und nicht nur Erlebnis sein, sondern auch der Erschließung des Geländes dienen. „Dazu prüfen wir, ob sie an den öffentlichen Personennahverkehr oder vielleicht auch an einen Bootsanleger angeschlossen werden kann.“ Denn der Park kann ohnehin nicht nur mit dem Auto erschlossen werden.
Damit greift Latz eine uralte Forderung der Anwohner auf, die in zu viel Autos eine Gefahr für den Wald sehen. Zum alten Industriegebiet am gegenüberliegenden Spreeufer und der Rummelsburger Bucht soll es zumindest eine Blickbeziehung geben, vielleicht auch mehr. In welcher Form das noch vorhandene Trafohaus genutzt wird, ist noch Gegenstand von Diskussionen. Als Treffpunkt? Oder als Ort künstlerischer Produktion?
Aber: Wenn das Planungsbüro die Geschichten des Areals aufgreifen und weitererzählen will, braucht es die Anwohner, die diese Geschichten kennen, die sie ihre eigenen nennen. Peter Latz erzählte ein Beispiel aus London: Dort wollten die Behörden ein paar nebeneinanderstehende Bäume fällen. Hochbetagte Anwohner hatten ihnen aber erzählt, dass gerade diese Baumgruppe der Ort war, wo sie die ersten Küsse ausgetauscht hatten. In den beengten Wohnverhältnissen war das schwer möglich gewesen. Latz: „Da mussten die Bäume natürlich bleiben, weil sie diese Geschichte erzählten.“
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