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heute in Bremen„Die Nervosität steigt“

Vortrag Amnesty lädt zum Vortrag über den schwierigen Friedensprozess in Kolumbien

Sabine Kurtenbach

ist Politikwissenschaftlerin und Senior Research Fellow am GIGA Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg.

taz: Frau Kurtenbach, in der Ankündigung ist noch vom „gescheiterten Friedensprozess“ nach dem Referendum die Rede – nun gibt es einen neuen Vertragsentwurf. Wurden Sie überrollt?

Sabine Kurtenbach: Nein, es ist sehr schnelllebig, man hinkt immer ein bisschen hinterher. Aber ich analysiere die Entwicklung in Kolumbien seit 25 Jahren, und mein Argument ist: Man muss den Prozess sehen. Und jetzt abwarten, wie sich die Gegner verhalten. Auch unter ihnen gibt es realistische Leute, denen bewusst ist: Sie können die Entwicklung nicht zurückdrehen. Trotz der neuen Entwicklung in den USA.

Wie geht es denn jetzt weiter?

Kollegen von mir aus Bogota sagen: Der Druck, zu unterschreiben, war groß, denn die Nervosität steigt. Es gibt diesen Waffenstillstand, aber der nützt nichts, so lange etwa nicht klar ist, wie die FARC-Leute versorgt werden. Auch nicht klar ist, was eigentlich mit den Waffen passiert.

Wie kann man der strukturellen Gewalt überhaupt beikommen?

Das Grundproblem sind fehlende Entwicklungsperspektiven im ländlichen Raum. Das ist auch in Zentralamerika so und in ganz Lateinamerika ähnlich, und überall gibt es ähnliche Probleme. So lange den Menschen auf dem Land nicht das ermöglicht wird, was Briten so schön mit „decent life“ umschreiben – also ein anständiges Leben – so lange bleiben die Lebensverhältnisse der Menschen prekär.

Sie meinen die Enteignungen?

Ja, wenn jetzt in der Vereinbarung zwischen Regierung und FARC steht: Privatbesitz wird respektiert. Was heißt denn das? Wessen Privatbesitz? Was passiert mit den Opfern, die vertrieben wurden, aber unter Umständen keinen Landtitel hatten?

Was muss jetzt getan werden?

Es ist nicht damit getan, den Krieg zu beenden. Es muss eine Strukturpolitik geben, die die Lebensverhältnisse verbessert. In vielen Ländern, die ebenfalls lange Phasen des Krieges und der Gewalt erlebt haben und in denen jetzt Frieden herrscht, El Salvador etwa oder auch Südafrika, haben die Jugendlichen der ersten Nachkriegsgeneration trotzdem überhaupt keine Perspektiven. Da muss man ansetzen. Der Vorteil für Kolumbien ist, dass es dort ein paar Leute gibt, die das begriffen haben.

Interview: KMS

19 Uhr, Haus der Wissenschaft

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