: Ohne Putin geht nichts
Besuch SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel war mal wieder in Moskau. Schon seit Sowjetzeiten hat er mehr als ein geschäftsmäßiges Verhältnis zu Russland
aus Moskau Klaus-Helge Donath
Sigmar Gabriel war schon zum dritten Mal seit der Annexion der Krim in Russland. Der SPD-Bundeswirtschaftsminister hat mehr als ein geschäftsmäßiges Verhältnis zu diesem Land. Er verriet dies am Donnerstag in Moskau, am Ende seiner Reise. Im Jahr 1980 war er zum ersten Mal als Mitglied einer Jugendorganisation im Jahr des Olympiaboykotts in der Sowjetunion. Später lenkte er selbst Reisegruppen durch das sozialistische Sowjetreich. Und wie es so kommt, gehörte auch eine russische Freundin zu den persönlichen Errungenschaften.
Kurzum, Gabriel hat tiefere Einblicke in das Land als angenommen. Wenn die Beziehungen zu Land und Menschen schwieriger würden, dann sei das bedauerlich. Auch den demokratischen Rückbau nannte er in diesem Zusammenhang. Zweieinhalb Stunden hatte er am Mittwochabend mit Präsident Wladimir Putin auch unter vier Augen gesprochen. Die Hälfte des Gesprächs war Wirtschaftsfragen gewidmet, die andere der Außenpolitik. Zum Bombardement des UN-Hilfskonvois vor Aleppo habe er Putin deutlich gemacht, „dass wir der festen Überzeugung sind, dass das Assad-Regime mindestens daran beteiligt ist“, sagte Gabriel.
Er griff auch Moskaus Hinweis auf, wonach die USA nicht bereit seien, die Kontrolle des Waffenstillstands mit zu übernehmen. Moskaus Darstellung des Kontrollproblems greift indes zu kurz. Verfehlt aber nicht die Wirkung, denn die US-Zurückhaltung wird vielerorts gerne als Rechtfertigung von Gewaltexzessen ausgelegt.
Putin hat auch gewiefte Gesprächspartner im Griff. Der Kremlchef habe sich zur Einhaltung des Waffenstillstands in Syrien bekannt, so Gabriel. Ist er davon wirklich überzeugt? Dazu ließ er sich nichts entlocken. Gabriel plädierte stattdessen für die Einrichtung einer Flugverbotszone, wie sie Außenminister Steinmeier schon anregte.
In der Ukraine soll nun das Entflechtungsabkommen wieder mit Leben gefüllt werden. Auch dazu habe sich Putin bekannt, meinte Gabriel.
Sigmar Gabriel
Deutlich war unterdessen der Hinweis an die Ukraine, sie sei nun in der Pflicht, sich auch zu bewegen. Das sind altbekannte Forderungen, die auch Moskau immer wieder vorträgt. „Wir werden die Konflikte nicht ohne Russland lösen“, sagte Gabriel. Diese Weisheit ist es indes, die Moskau erst herausfordert. „Wir haben nur einen unkomplizierten Nachbarn: der lebt in der Arktis. Das sind Eisbären. Denen ist bei uns zu warm“, scherzte Gabriel.
Beim Thema Sanktionen blieb Gabriel auf Kurs. Erst auf die Einlösung des Minsker Abkommens könne auch eine hundertprozentige Aufhebung der Sanktionen folgen. Allerdings könne man damit erst beginnen, wenn nachvollziehbare Schritte erkennbar seien. Dafür ist Moskau Gabriel dankbar.
Gabriel verhehlte aber auch seine Enttäuschung nicht. Bei Gesprächen mit Vertretern der Zivilgesellschaft klang die Lage dramatischer als im letzten Jahr.
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