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Reform der ErbschaftsteuerDa lacht der Juniorchef

Ins neue Gesetz kommen ein paar Verschärfungen. Wer ein Unternehmen erbt, wird aber auch künftig ganz oder weitgehend von der Steuer befreit.

Königlich erben bleibt möglich Foto: dpa

Berlintaz | Söhne und Töchter, die das Unternehmen ihrer Eltern erben, können mit dieser Entscheidung überwiegend zufrieden sein: Der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag beschloss in der Nacht zum Donnerstag eine Neuregelung der Erbschaftsteuer. SPD-grün-regierte Länder konnten dabei einige leichte Verschärfungen durchsetzen. Unter dem Strich aber werden auch künftig viele große Vermögen ganz oder weitgehend von der Erbschaftsteuer befreit.

Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann begrüßte den Beschluss. Vonseiten der Bundesländer stimmten nur die Regierungen von Thüringen (Linke, SPD, Grüne) und Brandenburg (SPD, Linke) dagegen. „Das hat mit Steuergerechtigkeit nichts zu tun“, sagte Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke). Im Bundestag ist damit zu rechnen, dass die Fraktionen von Linken und Grünen nicht zustimmen. Trotzdem gäbe es dann in beiden Kammern eine Mehrheit, sodass das Gesetz bald in Kraft treten könnte.

Der Vermittlungsausschuss änderte beispielsweise eine Regelung zu den Unternehmenswerten. Diese müssen definiert werden, um eine Basis für die Besteuerung zu liefern. Stand im bisherigen Gesetzentwurf, dass der Firmenwert das 12,5-Fache des Jahresgewinns beträgt, so soll es nun das 13,75-Fache sein. Die Folge: Die Steuerbelastung wird in manchen Fällen etwas steigen.

Eine weitere Änderung betrifft Oldtimer, Luxusyachten und private Sammlungen von Kunstwerken, die den Firmenbesitzern persönlich gehören. Künftig soll es verboten sein, sie dem Unternehmensvermögen zuzurechnen und damit Steuern zu sparen. Grundsätzlich geht es in dem Konflikt um diese Frage: Wie hoch darf die Steuer im Erbfall sein, ohne Arbeitsplätze zu gefährden? Da sind etwa solche Fälle vorstellbar: Die Kinder erben Papas Werkzeugfabrik, auf ihren Privatkonten haben sie aber keine allzu großen Summen, weil das ganze Kapital im Unternehmen steckt. Müssten sie dann eine hohe Erbschaftsteuer zahlen, könnten sie gezwungen sein, Teile der Firma zu verkaufen, was die Jobs gefährdet. So argumentieren die Firmenverbände und die Union.

Eine gerechtere Besteuerung von Riesenvermögen ist von dieser Reform nicht zu erwarten

Stefan Bach, DIW

Im Sinn haben die Lobbyisten jedoch auch, die Steuerlast möglichst niedrig zu halten, damit privates Vermögen ebenfalls von Abgaben befreit bleibt. Dies steht im Gegensatz zur normalen Erbschaftsteuer für Privatleute, die keine Firma besitzen. Wird ein Wohnhaus vererbt, sind maximal 500.000 Euro steuerfrei. Wer teureres Gebäude erhält, muss zahlen – ohne Wenn und Aber.

Die Neuregelung für Firmenerben war nötig, weil das Bundesverfassungsgericht vor zwei Jahren das gegenwärtig gültige Gesetz kippte. Die Richter und Richterinnen betrachteten die augenblickliche „Privilegierung betrieblichen Vermögens“ in mancher Hinsicht als „unverhältnismäßig“. Denn Firmenerben müssen bisher kaum oder keine Steuer entrichten, wenn sie die Arbeitsplätze im Unternehmen bis zu sieben Jahren erhalten. Besonders die Steuerfreiheit für sehr große Firmenvermögen verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, so die Richter.

Streit bis zuletzt

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die Große Koalition reagierten darauf, indem sie planten, bestimmte Grenzbeträge ins Gesetz aufzunehmen. Weitgehende Steuerfreiheit soll nur noch bis zu einem Firmenwert von 26 Millionen Euro gelten. Über dieser Grenze verringert sich der Teil des Unternehmensvermögens, der im Erbfall nicht besteuert wird. Bis Donnerstag gab es allerdings immer wieder Streit über Details der Novelle. Deswegen hat die Koalition den Auftrag des Verfassungsgerichts, ein neues Gesetz in Kraft zu setzen, noch nicht umgesetzt.

Stefan Bach, Steuerexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, beurteilte das neue Gesetz zur Erbschaftsteuer so: „Nennenswerte Steuermehreinnahmen und eine gerechtere Besteuerung von Riesenvermögen sind von dieser Reform nicht zu erwarten.“ Die Einnahmen bleiben vermutlich weiterhin in der Größenordnung von gut 6 Milliarden Euro.

„Das Ergebnis ist enttäuschend“, sagte Stefan Körzell vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes, „mit diesem Kompromiss werden weiterhin pauschale und unverhältnismäßige Steuerprivilegien gewährt.“ Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, sprach von einem „Beschäftigungsprogramm für Steuerberater“, weil das Gesetz so kompliziert sei. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag reagierte positiv: Familienunternehmen hätten nun Rechtssicherheit bei Investitionen, sagte Präsident Eric Schweitzer.

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