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Die WerbepauseAfDler haben keine Lieder

Unterlegt mit Sturmgetöse-Sounds Screenshot: AfD/YouTube

Bunte Brillen und unheimliches Rauschen: Die AfD hat am Montag ihren Werbespot für die Berliner Abgeordnetenhauswahlen präsentiert. Die Partei versucht darin, hip und jung zu wirken – so wie der Berliner das mag. Was fehlt, ist die Musik.

Der Spot beginnt mit einer geschriebenen Ansage der AfD auf schwarzem Hintergrund: „Wir werden gezwungen, diesen Wahlspot ohne Musik zu senden. Kein deutscher Verlag ist bereit, der AfD Musikrechte zu verkaufen.“ Daraufhin folgen die Aufnahmen verschiedener Personen in bunten Sonnenbrillen. Die Farbe der Brille verrät die politische Neigung: AfD-Anhänger haben den „blauen Durchblick“. Diejenigen, denen der noch fehlt, tragen andere Farben. Der Karl-Marx-Statue des Marx-Engels-Forums wird eine rote Sonnenbrille aufgesetzt. „Er dachte ihn zu haben“, titelt der Spot dazu. Die Hauptmann-Köpenick-Statue am Köpenicker Rathaus trägt eine blaue Brille. „Er hätte ihn gehabt“, verkündet eine Einblendung. Befremdlich ist, dass der einzige Schwarze in dem Werbeclip den Durchblick nicht hat und eine gelbe Brille trägt. Noch viel befremdlicher ist das Rauschen im Hintergrund, das nach heftigen Sturmböen klingt. Was beim Ansehen eher bedrohlich wirkt als wählbar.

Nicht zum ersten Mal erklärt die AfD ihre Theorie des Durchblicks anhand dieses Werbespots. Schon am 17. August veröffentlichte die Partei den selben Clip, damals noch unterlegt mit dem Lied „Lone Digger“ der Pariser Elektro­swing-Band Caravan Palace. Tags drauf verschwand der Film von der AfD-Seite. Der RBB strahlte die Werbung jedoch aus. Ein Politik-Blog sah das und fragte im Umfeld der Band nach. Dort war man darüber bestürzt, ihr Label Warner/Chappell ließ den AfD-Spot auf YouTube löschen.

Was die AfD beim Versuch, hip zu wirken, vergessen hat, ist, dass Musik freundlich wirkt. Anders als Unwetter. Und dass bunte Brillen aus gutem Grund nur zu Gigi D’Agostinos Zeiten cool waren.

Bei wie vielen Labels die AfD um Rechte für die musikalische Untermalung des Spots gebeten hat, gab die Partei nicht bekannt.

Anastasia Hammerschmied

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