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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Rügen – Insel der Lügen, Fremdenzimmer bei Fremdenfeinden, Kindisch-Partenkirchen und „Suhrenhohn“ aus Manila.

Der geflüchtetste Christ von allen: Horst Seehofer, CSU Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: CDU und CSU finden einfach nicht zusammen.

Und was wird besser in dieser?

Horst Seehofer möchte deshalb ARD und ZDF zum Üben geschenkt bekommen.

Nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern haben diverse Medien fix ausgerechnet, dass es ja nur 160.000 Menschen waren, die da AfD gewählt haben. Ist also alles gar nicht so schlimm?

Wer möchte im Urlaub von 160.000 hassknödelnden Kellnern bedient werden? „Rügen – Heimat der Lügen“ klingt touristisch suboptimal, und das Drittel Rechtswähler auf Usedom verheißt: Fremdenzimmer bei Fremdenfeinden. Wie fühlt es sich an, auf ein Laken zu sinken, das ein Feierabendnazi glatt gestrichen hat? Immerhin ein Drittel der AfD-Wähler kam aus dem Off, hier wurden Nichtwähler mobilisiert. Das hatte sich die Bundeszentrale für Politische Bildung auch immer anders vorgestellt. Nun isses so, die politikferne Zielgruppe reagiert – völlig logisch – auf politikferne Politik. Die hatten auch Linke, SPD und Union im Angebot: Law-and-Order-Parteien mehr oder minder, man nahm ein paar Prozent Verstrahlte an der Urne gern in Kauf. Und die haben nun ihren eigenen Laden, eben AfD. Also: Es ist für Meck-Pomm schädlich und für alle eine Ernüchterung, ein Coming out von rechts: Deutschland mag sich zum Liberalen, Weltoffenen gewandelt haben – seine Einwohner nicht.

Die CSU will „christlich-abendländische“ Geflüchtete bevorzugen. Woher die nehmen?

Der geflüchtetste Christ von allen ist Horst himself. Er nutzt jede Chance zur Eskalation, um sich zum ImpfPimpf der Union zu veredeln gegen die schlimme Krankheit AfD

Da muss man der Bundeswehr schon eine verfehlte Kriegseinsatzplanung vorwerfen, derzeit produziert sie kaum christlich-abendländische Flüchtlinge. Vielleicht denkt Seehofer an den Brexit? („Horst-case-Szenario“). Wobei Anglikaner im katholischen Bayern knapp hinter Moslems rangieren dürften. Nun, der geflüchtetste Christ von allen ist natürlich Horst himself. Eben noch ging es nur noch darum, ob Söder, Aigner, Dobrindt ihn bald in Grund und Boden pensionieren endlich. Nun jedoch nutzt Seehofer jede Chance zur Eskalation, um sich selbst zum ImpfPimpf der Union zu veredeln gegen die schlimme Krankheit AfD. Die Debatte, Merkel nicht zum bayerischen Thing einzuladen, klingt wie Parteitag in Kindisch-Partenkirchen. Kernfrage: Ist Merkel christlich-abendländisch?

Kaum hat die Regierung festgestellt, dass die Armenien-Resolution des Bundestags nicht rechtlich bindend ist, da dürfen die Abgeordneten wieder zum Bundeswehrstützpunkt in Incirlik reisen. Ein guter Deal?

Hübsch absurd; die Regierung distanziert sich von einer Resolution des Parlaments; also müsste das Regime Erdoğan die Regierung wieder lieb haben. Die Abgeordneten wiederum müssten die Regierung für ihr Kuschen kritisieren; stattdessen reisen sie in die Türkei. Leute! Wisst ihr doch! Saufen gut, kiffen gut, aber nie beides zusammen!

Der norwegische König Harald V. hat eine flammende Rede für die Vielfalt gehalten. Braucht Europa mehr Könige?

Oder mal so gefragt: Ist es wirklich ein „grüner“ Bundespräsident, der sich bei diesem Thema auch vom komatösesten Staatsüberhaupt Europas links überholen lässt? Das Lauteste am Jubel über die Osloer Gartenparty ist das relative Schweigen beim Sommerfest in Bellevue.

Der philippinische Präsident Duterte bedauert, dass sein „Hurensohn“ gegen US-Präsident Obama als persönliche Beleidigung angekommen sei. Vergeben und vergessen?

Übersetzungsfehler „Surenhohn“? Keine Ahnung. Wir überlegen noch, wen wir wegen „Fuck EU“ mal ausladen könnten.

„Star Trek“ ist 50 Jahre alt geworden. In der realen Welt stecken wir indes immer noch in den Kometen unseres eigenen Sonnensystems fest. Wann geht ’s endlich raus in die „unendlichen Weiten“?

Im New Yorker Museum of Natural History durfte ich mal zwischen den Dioramen der Familien Vanderbilt und Rockefeller und der etwas freihändigen Eingruppierung der Indianer am Ende der Tierkunde-Ausstellung eine Sondershow „Startreck“ sehen. Schulklassen bestaunten Armbanduhren, mit denen man telefonieren konnte, und androgyne Dienstkleidung. Vielleicht können die Amis einfach gar nicht zwischen real und fiction unterschieden, dann beschreibt „Star Trek“ die positive Version von etwas, dessen Abseite Donald Trump heißt.

Und was machen die Borussen?

Das auf die Herstellung des Produkts „Glaubwürdigkeit“ spezialisierte Unternehmen Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA unterliegt im direkten Vergleich einem sächsischen Start-up mit Geschäftsschwerpunkt „Sportlerein- und verkauf“. So what.

FRAGEN: PWE, DJO

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1 Kommentar

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  • Bisher hatte ich Friedrich Küppersbusch für einen klugen Mann gehalten. Nun zweifle ich.

     

    Erstens: Echte Fremdenfeinde haben keine Fremdenzimmer. Höchstens ein Hotel oder eine Pension.

    Zweitens: Wer seine Gastgeber nicht persönlich kennt, und zwar sehr gut, geht immer ein Risiko ein. Schon die Brüder Grimm haben uns vor Wirten gewarnt, die ihre Gäste beklauen und verprügeln. Die Deutschen reisen trotzdem.

    Drittens: Die Welt ist klein geworden für die, die Fremdenfeinden aus dem Weg gehen wollen. Genau genommen können solche Leute nicht mal auf Balkonien urlauben. Da würden sie schließlich auf sich treffen, und manche Fremden mag nicht einmal ich. Die vom IS zum Beispiel oder die vom Ku-Klux-Klan.

    Viertens: Wer seine Vorurteile zu Hause lässt und nicht mit in den Urlaub nimmt, der darf auf zwei von drei Bettlaken ganz beruhigt sinken. Ein Problem hat er nur dann, wenn er nicht bis drei zählen kann.

    Fünftens: Müsste ein Mensch, der etwas auf sich hält, den Bayerischen Fernsehpreis nicht längst zurückgegeben haben, jetzt, wo der Oberbayer Seehofer und seine Spezln sich anschicken, die AfD rechts zu überholen, damit nicht irgendwann die zwar zahlungskräftigen aber denkfaulen Gäste wegbleiben?

     

    Summa summarum: Sieht aus, als wäre Friedrich Küppersbusch irgendwann mal in genau jene "Parallelwelt" abgetaucht, über die Bettina Gaus heute geschrieben hat. Wie Deutschland sich "zum Liberalen, Weltoffenen gewandelt haben" soll, wenn "seine Einwohner nicht" weltoffener geworden sind, muss er mir jedenfalls erklären.

     

    Ich fürchte fast, Herr Küppersbusch hat ein Problem mit seiner Fokussierung. Er sollte sich die Augen untersuchen lassen. Die nehmen nur noch Feinde wahr.